Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonDepesche

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 24.07.2014: Beleidigung des Chefs als Psychopath ist kein Kündigungsgrund

Random_Coil_Logo_Blog_FacebookEin Mitarbeiter zog beim Rauchen im Beisein seiner Kollegen in einem Rauchercontainer über seinen Chef her. Der Arbeitnehmer soll seinen Chef nicht nur als „Psychopath“, sondern auch als „Arschloch“ bezeichnet haben. Außerdem habe er Aussagen getroffen wie: „Der gehört eingesperrt“, „Der ist irre“ und „Der wird sich noch wundern“. Der Mitarbeiter war sauer, da sein Vorgesetzter ihn am Tag zuvor bei einem Gespräch aus dem Zimmer geworfen hatte. Der Streit ging um eine neue Gehaltsstufe, die der Mitarbeiter für ungerecht hielt.
Der Mitarbeiter wurde wegen der Äußerungen „gefeuert“. Dagegen wehrte er sich vor den Arbeitsgerichten. Die Richter des LAG Rheinland-Pfalz entschieden, dass der Mann darauf vertrauen durfte, dass seine Äußerungen in dem Rauchercontainer nicht nach außen dringen und der Betriebsfrieden nicht verletzt wird. Eine außerordentliche Kündigung aus einem wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gerechtfertigt und, trotz der groben Beleidigungen nach den Umständen des vorliegenden Falls wegen des Fehlens einer Abmahnung, unverhältnismäßig. Die grobe Beleidigung sei zwar eine „erhebliche Ehrverletzung“ gegenüber dem Vorgesetzten und damit auch an sich ein außerordentlicher Kündigungsgrund, jedoch hielt das Gericht eine Abmahnung und Versetzung des Arbeitnehmers für geeigneter, da er die Beleidigungen seines Produktionsleiters gegenüber Dritten geäußert hat.

VonDepesche

Bundesverfassungsgericht vom 22.10.2014: „mit dem / der Zweiten sieht man besser“, nicht aber im katholischen Krankenhaus: die zweite Ehe als Kündigungsgrund

Random_Coil_Logo_Blog_FacebookEin katholisches Krankenhaus in Düsseldorf hatte einem Chefarzt gekündigt, weil dieser zum zweiten Mal geheiratet hatte. Der Arzt ging gegen die Kündigung vor und bekam in allen Instanzen Recht. Auch das BAG hatte nach Abwägung der Sonderrechte der Kirche und gegen die Rechte des Arbeitnehmers die Kündigung für unwirksam erklärt. Der Arbeitgeber legte dagegen Verfassungsbeschwerde ein. Nach der Lehre der katholischen Kirche ist die Ehe unauflöslich. Eine Scheidung ist nicht vorgesehen. Auch wenn sich Ehepaare scheiden lassen, ist damit die Scheidung als solche nicht anerkannt. Die Scheidung gilt in der katholischen Kirche als Sünde.
Das Bundesverfassungsgericht (Az.: 2 BvR 661/12) entschied, dass die katholische Kirche Mitarbeitern kündigen darf, wenn diese ein zweites Mal heiraten. Die Richter sind der Auffassung, dass die verfassungsrechtlichen Sonderrechte der Kirche verletzt sind, wenn die Arbeitsgerichte eine Kündigung wegen Illoyalität bei erneuter Heirat als unwirksam ansehen. Zudem dürften Arbeitsgerichte dieses „kirchliche Selbstverständnis“ nur eingeschränkt überprüfen.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Europäische Gerichtshof vom 18.12.2014: Ist Adipositas eine Behinderung?

Bildergebnis für adipositasDer Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass sehr stark übergewichtige Menschen dem besonderen Schutz des europarechtlichen Diskriminierungsverbotes unterliegen, während nicht stark übergewichtige Menschen weiterhin im Einstellungsgespräch wegen dieses Übergewichtes abgelehnt werden dürfen.  Der EuGH hat durch sein Urteil klargestellt, dass Adipositas eine Behinderung sein kann und hat die Regeln für eine Bewerbung dadurch neu geschrieben.

In dem konkreten Fall ging es um einen stark übergewichtigen Mann aus Dänemark, der als Tagesvater gearbeitet hat und dem nach 15 Jahren von der Gemeinde gekündigt wurde. Während seiner gesamten Arbeitszeit hat der Mann nie weniger als 160 kg gewogen bei einer Körpergröße von 1,72 Metern. Er nahm an Abnehm- und Fitnessprogrammen der Gemeinde teil, nahm aber trotzdem weiter zu. Zudem wurde er durch die Leitung des Betreuungsdienstes besucht, welche sich nach seinen Abnehm-Versuchen erkundigte. Ihm wurde dann 2010 mit der Begründung gekündigt, dass der Bedarf an Kinderbetreuung zurückgehe. Sein Übergewicht kam zwar auch zur Sprache, jedoch wies die Gemeinde diesen Vorwurf ab. Der Mann sah sich jedoch diskriminiert und ging deshalb vor Gericht. Das dänische Gericht zog den EuGH zur Hilfe an seine Seite. Das Urteil vom EuGH vom 18.12.2014 hat das Az.: C-354/13.

Das Urteil manifestiert zwar nicht ein allgemeines Diskriminierungsverbot für Übergewichtige und es gibt auch weiterhin keinen generellen Kündigungsschutz für Arbeitskräfte mit Übergewicht. Dennoch steht durch das Urteil fest, dass eine Adipositas unter Umständen eine Behinderung darstellen kann, welche die Betroffenen dann besonders vor Diskriminierung schützt. Sonst galten als Behinderung nur die Folgeerkrankungen, wie Rückenprobleme oder Diabetes. Es ist auch irrelevant, ob der Betroffene sein Übergewicht selbst verursacht  hat oder nicht.  Von Adipositas wird gesprochen, wenn eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts vorliegt, von der man ab einem Body-Maß-Index von 30kg/qm spricht.

Wichtig für Arbeitgeber: Arbeitgeber müssen in Zukunft dieses Urteil bei z.B. geplanten Kündigungen berücksichtigen, denn Betroffene des Urteils unterliegen dadurch einem besonderen Kündigungsschutz.

So steht in dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“  Welches durch Artikel 1 der Europäischen Richtlinie 2000/78/EG ergänzt wird: „… Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung …“.

ws/jw

 

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Entscheidung des BAG vom 21.10.2014: Ältere Arbeitnehmer dürfen mehr Urlaub bekommen als jüngere

Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Schutzes älterer Beschäftigter zulässig sein. Das entschied das BAG am 21.10.2014 (Az.: 9 AZR 956/12). Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient, erforderlich und geeignet ist, steht dem Arbeitgeber ein gewisser Spielraum zu. Er darf älteren Arbeitnehmern aufgrund des Gesundheitsschutzes zusätzliche Urlaubstage gewähren.

Das beklagte Unternehmen ist ein Tochterunternehmen von „Birkenstock“ und stellt Schuhe her. Es gewährt ihren in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern ab dem 58. Lebensjahr jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub, zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die Klägerin, Mitte 50, meint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Die Beklagte habe deshalb auch ihr jährlich 36 Urlaubstage zu gewähren.

Die Vorinstanzen haben den Antrag der Klägerin abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte auch vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Beklagte hat mit ihrer Einschätzung, dass älteren Arbeitnehmern aufgrund der schweren körperlichen Arbeit in der Produktion längere Erholungszeiten zustehen, ihren Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten. Beschweren können sich die Kläger aber trotzdem nicht, denn auch „nur“ 34 Urlaubstage im Jahr sind weit mehr als das, was die meisten anderen Arbeitnehmer erhalten.

ws/ng

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Geld verdienen nach dem Abitur; Vorsicht Falle in der Sozialversicherung. Checkliste für frisch gebackene Abiturienten (m/w)

Die Zeit nach dem Abitur einmal für ein paar Monate ins Ausland, bevor es im Leben weitergeht. Der Traum vieler Absolventen –  doch ohne Moos nix los! Nicht wenige Abiturienten jobben daher, um sich diesen Traum zu erfüllen. In welchen Fällen müssen Sozialabgaben gezahlt werden und wann zählt eine kurzfristige Beschäftigung als sozialversicherungsfrei?

Auf die Zeit danach kommt es an! Mit dem Tag der Ausstellung des Abschlusszeugnisses endet die Eigenschaft als Schüler. Eine sozialversicherungspflichtige Aushilfsbeschäftigung liegt ab diesem Zeitpunkt immer dann vor, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird. Dies ist der Fall, wenn

  • die Beschäftigung länger als 2 Monate oder 50 Arbeitstage ausgeübt wird.
  • Nach dem Job eine Ausbildung begonnen oder eine andere Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt von mehr als 450 € im Monat ausgeübt werden soll
  • im Kalenderjahr die Grenze von 450 € Arbeitsentgelt im Monat überschritten wurde
  • ein duales Studium begonnen wird
  • man ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren möchte.
  • freiwilliger Wehrdienst oder ein anderer Freiwilligendienst ausgeübt werden soll.

Abiturienten, die nach dem Aushilfsjob ein Studium oder eine Fachschulausbildung beginnen möchten oder ein abzuleistendes Vorpraktika machen, gelten hingegen nicht als berufsmäßig beschäftigt und sind somit von ihren Sozialversicherungspflichten befreit. Nicht relevant ist, ob tatsächlich ein Studium aufgenommen wird. Der Arbeitgeber ist nach Beschäftigungsende nicht verpflichtet, nachträgliche Kontrollen durchzuführen.

Achtung: Sozialversicherungsfrei ist nicht gleich steuerfrei! Bei einer kurzfristigen Beschäftigung können Steuern nach der jeweiligen Steuerklasse fällig werden. Ist dies der Fall, besteht bei vielen die Möglichkeit, sich diesen Betrag bei der Steuererklärung erstatten zu lassen, da der Grundbetrag von 8.354 € häufig nicht überschritten wird.

Auch die gesetzliche Krankenversicherung will in dieser Zeit nicht auf ihre Beiträge verzichten. Bis zum Abitur sind die Schüler oftmals über ein Elternteil oder den Ehepartner familienversichert. Eine kurzfristige Beschäftigung wird in diesem Zusammenhang generell als unregelmäßig eingestuft und die Familienversicherung kann beibehalten werden. Problematisch wird es erst, wenn ein regelmäßiges Gesamteinkommen von mehr als 395 € im Monat erarbeitet wird. Dadurch würde es zum Wegfall des Anspruchs in der Familienversicherung kommen.

ws / jb

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Lohnerhöhung aufgefressen durch Progression? Steuerfreie Gehaltsextras ausschöpfen!

Viele sprechen derzeit wieder laut über die kalte Progression. Der Steuertarif in Deutschland ist so ausgelegt, dass die Belastung bei kleinen und mittleren Einkommen nicht gleichmäßig steigt, sondern umso schneller, je mehr man verdient. Ein Lohnzuwachs wird so in erheblichem Umfang aufgezehrt. Als Faustformel beschreibt man ein mehr an Lohnsteueraufkommen um 1, 8 % bei einem gesteigerten Lohn von lediglich 1 %. Vater Staat freut sich, denn laut Presseberichten nimmt der Staat allein dadurch in diesem Jahr 770 Millionen € mehr ein als gedacht.

Als kleines Trostpflaster kann man durch steuerfreie Gehaltsextras der kalten Progression zumindest ein wenig entgehen. So könnte man zum Beispiel einen Ausgleich schaffen durch Tarifsenkungen. Allerdings ist hier bis auf eine geringe Anhebung des steuerfreien Grundfreibetrags 2013 und 2014 in den letzten Jahren wenig passiert. Doch über die vorgeschriebenen Gehaltsanpassungen, bei denen man gegen die kalte Progression wenig tun kann, gibt es Optimierungsmöglichkeiten. So kommen dafür insbesondere steuerfrei bleibende Lohnbestandteile in Betracht:

Sachbezüge, wie zum Beispiel Benzingutscheine, bleiben, wenn sie einen Betrag von 44 € im Monat nicht übersteigen, steuerfrei. Aber aufgepasst, die Grenzen dürfen nicht überschritten oder auf andere Monate übertragen werden. Eine weitere Möglichkeit zur „Steueroptimierung“ bietet die Überlassung von Telekommunikations- und Datenverarbeitungsgeräten auch zur privaten Nutzung. Hier umfasst die Steuerfreiheit sogar die vom Arbeitgeber getragenen Verbindungsentgelte und Gebühren. Eine Abhängigkeit vom Verhältnis der beruflichen zur privaten Nutzung spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist nur, dass das Gerät Eigentum der Firma bleibt. Auch ein gewährter Personalrabatt auf die Produktpalette des Arbeitgebers bleibt steuerfrei, sofern er 1.080 € im Jahr nicht übersteigt. Zulässig ist auch ein Kindergartenzuschuss. So sind Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung nicht schulpflichtiger Kinder der Mitarbeiter in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen ebenfalls steuerfrei. Voraussetzung ist hier, dass es sich um Leistungen handelt, die zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Freiwillige Gehaltserhöhungen sind aber möglich.

Arbeitnehmer sollten mit ihrem Arbeitgeber vor der nächsten Gehaltserhöhung über steuerfreie Zuwendungen sprechen, um unnötige Progressionsnachteile zu vermeiden.

ws / jb

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Urlaubsabgeltung – die unendliche Geschichte wird jetzt makaber: Nach BAG – Urteil von 12. März 2013 kostet der Tod nicht nur das Leben, sondern auch die Urlaubsabgeltung

Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH haben die Arbeitsgerichte die Mittelständler schockiert: auch bei langfristiger mehrjähriger Arbeitsunfähigkeit bleibt der gesetzliche Anspruch von Arbeitnehmern auf Erholungsurlaub bestehen. In diesem Zusammenhang ein wenig überraschend ist die Entscheidung des BAG vom 12. März 2013 (9 AZR 532/11). Danach geht der Urlaubsanspruch im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers unter. Er wandelt sich auch nicht in einen Abgeltungsanspruch im Sinne von § 7 Abs. 4 BUrlG um. Das gilt nach der Entscheidung des BAG sogar unabhängig davon, ob der Urlaubsanspruch im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers bereits rechtshängig war. Skurril ist das Ergebnis aber nur auf den ersten Blick, völlig konsequent, wenn auch makaber, aber auf den zweiten: Denn wenn die Arbeitsgerichte so konsequent den Zweck der Erholung im Erholungsurlaub betonen, dann liegt es auf der Hand, dass dieser Zweck nach dem Tode des Arbeitnehmers nicht mehr erreicht werden kann.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

„Ich hau Dir vor die Fresse“ rechtfertigt nach LAG Düsseldorf auch bei rauhem Umgangston fristlose Kündigung durch Arbeitgeber

Gewalt, auch die „nur“ angedrohte, ist – zum Glück – nicht der Standard, den wir und den Gerichte sich für die Kommunikation wünschen.Vor dem LAG Düsseldorf (7 Sa 1821/12) endete ein Rechtsstreit  (ArbG Mönchengladbach, 6 Ca 1749/12, Urteil vom 07.11.2012) mit einem Vergleich. Ein bereits abgemahmter Arbeiter hatte seinen Arbeitgeber mit den Worten  „Ich hau dir vor die Fresse…“ bedroht. Zur Rechtfertigung verwies der daraufhin fristlos Gekündigte auf einen ohnehin rauhen Umgangston. Das ArbG hielt die fristlose Kündigung für rechtens. Vor dem LAG verglichen sich die Parteien, die fristlose wurde zu einer ordentlichen Kündigung. Die 3.000,00 EUR Abfindung dürften aber nur kurz zur Freude des Arbeiters beitragen.

Fazit: „strenge Rechnung, gute Freundschaft“ ist ok, „rauh aber herzlich“ nicht immer.
ws

 

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Vorsicht Falle: Diskriminierungen eines Stellenbewerbers lauern überall

Am 24. Januar 2013 hatte das BAG (8 AZR 429/11) darüber zu entscheiden, ob die Stellenausschreibung für ein sogenanntes Trainee-Programm, die sich ausdrücklich an Berufsanfänger richtete, eine altersbedingte Diskriminierung darstellt. Der BGH ist der Auffassung, dass dies ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Bewerbers wegen dessen Alters sein könne. Der Arbeitgeber habe aber die Möglichkeit (zugleich aber auch die Beweislast dafür) darzulegen, dass ein solcher Verstoß nicht vorliegt. Das BAG hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

WS
VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

BAG-Urteil vom 8. Dezember 2011 (6 AZR 354/10): Wann ist die Zückrückweisung einer Kündigungserklärung unverzüglich im Sinne von § 174 Satz 1 BGB?

Das BGB, allgemeiner Teil, erfreut sich unter den Studenten keiner großen Beliebtheit. Dieser Teil des BGB wird zu Beginn des Studiums gelehrt. Und erfahrungsgemäß verwendet ein hoher Anteil der Studentinnen und Studenten die neu gewonnene Freiheit dazu, das Studium der Rechtswissenschaften nicht gerade mit höchster Priorität zu betreiben. So ist es auch zu erklären, dass im späteren Berufsleben erstaunlicherweise bei vielen Kolleginnen und Kollegen nur rudimentäre oder gar mangelhafte Kenntnisse des BGB, allgemeiner Teil, vorzufinden sind. Dabei begegnet uns das BGB, allgemeiner Teil, auch in der Rechtsprechung der Bundesgerichte erstaunlich häufig. So hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich kürzlich mit der Frage zu befassen, wann die Zurückweisung einer Kündigungserklärung unverzüglich ist. Interessant ist diese Frage, wenn eine Kündigungserklärung von einem Bevollmächtigten abgegeben wird, der aber die Vollmachtsurkunde im Original nicht vorlegt. In diesem Fall kann der Erklärungsgegner die Kündigung unverzüglich zurückweisen (§ 174 Satz 1 BGB). Und wer aus dem Studium nicht mehr weiß, was „unverzüglich“ ist, der sei auf § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB verwiesen. Dort ist definiert, was das Gesetz unter „unverzüglich“ versteht: ohne schuldhaftes Zögern.

Das BAG vertrat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2011 die Auffassung, dass eine Kündigungserklärung jedenfalls dann nicht mehr unverzüglich zurückgewiesen worden ist, wenn die Zurückweisung später als eine Woche nach der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung der Vollmachtsurkunde erfolgt.

Quintessenz: Kleine Ursache – große Wirkung.