Kategorien-Archiv Verkehrsrecht

VonDepesche

Das OLG Hamm (Urteil vom 15.01.2015, Az.: 1 RBs 232/14) kennt kein Pardon und bleibt dabei: das Smartphone darf im Auto auch im Notfall nicht einmal für kurze Zeit als Navigationshilfe in die Hand genommen werden.

Zum Pech kam noch Unglück: ein 29-jähriger Mann befuhr im Dezember 2013 eine Autobahn und hielt dabei sein Smartphone für mehrere Sekunden in der Hand. Bei einer danach erfolgten Kontrolle durch die Polizei gab er an, nicht telefoniert zu haben. Er habe nur auf das Display geschaut, weil er einen Notfall gehabt habe. Seine Motorkontrollleuchte habe plötzlich aufgeleuchtet, und er habe mit seinem Smartphone und der dort vorhandenen Navigation eine Werkstatt gesucht. Weder Polizei noch Gericht konnte der Fahrer mit dieser Version überzeugen. Das AG Castrop–Rauxel verurteilte den Fahrer am 01.10.2014 zu einer Geldbuße von 40,00 €.

Auch bei dem OLG Hamm hatte der Fahrer keinen Erfolg. Denn die Nutzung der Navigationsfunktion eines Mobiltelefons fällt nach dem OLG unter § 23 Abs. 1 a StVO. Danach ist es verboten, das Mobiltelefon zu verwenden, wenn man es aufnehmen oder halten muss. Das ist nur erlaubt, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Schon der 5. Senat für Bußgeldsachen habe mit Beschluss  vom 18.02.2013 (5 RBs 11/13) entschieden, dass eine nach § 23 Abs. 1 a StVO verbotene „Benutzung“ in jeder bestimmungsgemäßen Bedienung des Gerätes liege. Das kann neben dem Telefonieren auch der Abruf von Navigationsdaten sein. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Fahrzeugführer immer beide Hände frei hat. Warum das aber nur mit Mobiltelefonen gewährleistet werden muss, und warum weiterhin Kaffeetrinken im Auto, Suchen von Musik usw. am Radio oder das Rumspielen am eingebauten Navi erlaubt ist, weiß in seiner unendlichen Güte nur der Gesetzgeber.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Beschluss des OLG Hamm vom 07.10.2014 (1 RBs 162/14) gegen endlose „Elefantenrennen“ – Überholvorgang muss sofort abgebrochen werden sobald das Überholverbot gilt

Bildergebnis für überholverbotDas OLG Hamm hat entschieden: Die Zeichen für Überholverbot verbieten nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung eines bereits zuvor begonnenen Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone.

Der Betroffene fuhr mit seinem Lkw im Januar 2014 auf der A1 in Fahrtrichtung Köln. Im Bereich eines Überholverbots überholte der Betroffene mehrere auf dem rechten Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge. Für diese Fahrweise erhielt er eine Geldbuße von 70 Euro. Die Geldbuße wollte der Betroffene nicht akzeptieren, unter anderem mit der Begründung, er habe den Überholvorgang vor Beginn der Überholverbotszone begonnen und danach mangels ausreichender Lücke zwischen den überholten Fahrzeugen nicht eher nach rechts einscheren können.

Das OLG Hamm hat die Verurteilung des Betroffenen durch das Amtsgericht Unna bestätigt. Ein bereits vor Beginn der Überholverbotszone eingeleiteter Überholvorgang müsse noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden. Er müsse sein Fahrzeug gegebenenfalls abbremsen und sich zurückfallen lassen. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Der Betroffene hätte, wenn er tatsächlich den Überholvorgang noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke begonnen haben sollte, bei Sichtung des ersten Überholverbotsschildes den Überholvorgang rechtzeitig abbrechen müssen. Den Fall, dass ein solcher Abbruch nicht gefahrlos möglich ist, hatte das Gericht nicht zu entscheiden.

Wäre das Urteil anders ausgefallen, könnte jeder LKW-Fahrer kurz vor Beginn eines Überholverbotes einen Überholvorgang starten, und das Überholverbot wäre – für LKW auf Autobahnen – praktisch ausgehebelt.

ws/ng

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Geschwindigkeitsbegrenzung mit Zusatzschild “Schneeflocke“ gilt auch, wenn es nicht schneit

Tempolimit mit Schneeflocke

Das Zusatzschild “Schneeflocke“ zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung erlaubt auch bei nicht winterlichen Straßenverhältnissen keine höhere als die angeordnete Geschwindigkeit. Das entschied das OLG Hamm mit Beschluss vom 4. September 2014 (1 RBs 125/14).

Der Betroffene befuhr im Januar 2014 mit seinem Auto eine Bundesstraße. An dem Tag begrenzte ein elektronisch gesteuertes Verkehrszeichen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h. Unter diesem Verkehrszeichen war das Zusatzschild “Schneeflocke“ angebracht. Bei einer Geschwindigkeitskontrolle wurde eine Geschwindigkeit von 125 km/h festgestellt. Diese Geschwindigkeitsüberschreitung ahndete das Amtsgericht mit einer Geldbuße von 160,00 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot. Der Betroffene erklärte in seiner Beschwerde, dass ihm keine Geschwindigkeitsüberschreitung von 45 km/h angelastet werden könne, weil keine winterlichen Straßenverhältnisse geherrscht hätten. Die mit dem Zusatzschild “Schneeflocke“ angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h sei irreführend gewesen.

Die vom Betroffenen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Das OLG Hamm hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Das Zusatzschild „Schneeflocke“ enthalte lediglich den Hinweis darauf, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung Gefahren möglicher winterlicher Straßenverhältnisse abwehren solle. Dieser Hinweis diene nur einer Erhöhung der Akzeptanz der Geschwindigkeitsbegrenzung. Anders als das Zusatzschilf „bei Nässe“ besteht bei dem Zusatzschild „Schneeflocke“ keine Einschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf bestimmte Wetterverhältnisse. Autofahrer müssen angeordnete Höchstgeschwindigkeit deshalb auch bei nicht winterlichen Verhältnissen beachten.

ws/ng

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Reform des Punktesystems in Flensburg

Statt der ein bis sieben Punkte wird es künftig nur noch bis zu drei Punkte geben. Einen Punkt gibt es für schwere Verstöße, dazu gehört auch das Telefonieren mit dem Mobiltelefon am Steuer, oder das unzulässige Parken in einer Feuerwehrzufahrt mit Behinderung eines Rettungsfahrzeuges. Zwei Punkte gibt es für besonders schwere Verstöße. Dazu gehört das Überfahren roter Ampeln. Drei Punkte gibt es für Straftaten. Dazu gehören die Unfallflucht und die Trunkenheit am Steuer.

Ebenfalls neu sind die Verjährungsvorschriften. Jeder Eintrag verjährt für sich, und nicht, wie heute, in Summe. Schwere Verstöße verjähren nach zweieinhalb Jahren, besonders schwere Verstöße nach fünf Jahren. Straftaten verjähren erst nach zehn Jahren.

Besonders bitter: der Führerschein wird künftig schon nach acht statt bisher nach achtzehn Punkten entzogen. Bei vier Punkten erfolgt eine Ermahnung, bei sechs Punkten eine Verwarnung.

Soweit das neue Bußgeldsystem für Verstöße keine Punkte mehr vorsieht, werden die alten Punkte gelöscht. Alle anderen Punkte werden auf das neue System umgerechnet.

Die Neuregelung wird zum 1. Mai 2014 in Kraft treten.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Leben ist immer lebensgefährlich: „Rechts vor Links“ auf Parkplätzen gilt nur in Ausnahmefällen

Die NJW berichtet in Heft 32 / 2012 in der Rubrik NJW-aktuell auf Seite 10 über eine Entscheidung des LG Detmold vom 2. Mai 2012 (10 S 1/12), nach der die Regel „Rechts vor Links“ auf Parkplätzen nur in Ausnahmefällen gilt.

In dem vom LG Detmold entschiedenen Fall befuhr der Kläger mit seinem PKW einen Parkplatz. Der Parkplatz war mit dem Hinweisschild „Auf diesem Parkplatz gelten die Bestimmungen der StVO“ gekennzeichnet. Kurz nachdem der Kläger auf den Parkplatz aufgefahren war, kollidierte er mit einem anderen PKW, der sich ihm von links genähert hatte.

Das Landgericht Detmold vertrat die Auffassung, die Regel „Rechts vor Links“ könne auf Parkplätzen nur angewendet werden, wenn die einander kreuzenden Verbindungswege etwa aufgrund der Markierungen und der Verkehrsführung eindeutig den (Straßen-)Charakter einer Fahrbahn aufwiesen. In dem vom LG Detmold entschiedenen Fall war es aber so, dass nur die Parkflächen markiert waren. Damit gilt die Regel „Rechts vor Links“ nicht.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Zu schnell gefahren? OLG Hamm entscheidet: kein „4-Augen-Prinzip“ bei Geschwindigkeitsmessung mit Lasergerät

Am 21. Juni 2012 (III-3 RBs 35/12) hat das OLG Hamm eine interessante Entscheidung getroffen. Was war geschehen? Ein Polizeibeamter hatte das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung vom Anzeigefeld des Lasermessgerätes abgelesen und in das schriftliche Messprotokoll eingetragen. Die Richtigkeit des abgelesenen und des eingetragenen Wertes wurde nicht durch einen zweiten Polizeibeamten kontrolliert. Der Betroffene meinte, das Messergebnis sei nicht verwertbar. Das OLG Hamm hat die Entscheidung des Amtsgerichtes bestätigt. Das vom Betroffenen reklamierte „4-Augen-Prinzip“ gäbe es nicht. Das gilt auch bei Lasergeräten, bei denen das Messergebnis nicht fotographisch-schriftlich dokumentiert wird. Das dem Betroffenen vorgehaltene Messergebnis sei im Einzelfall nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Der Beweis könne daher auch durch Zeugenaussage nur eines beteiligten Polizeibeamten geklärt werden.

Wir halten die Entscheidung für bedenklich, weil einfache mechanische Fehler wie Verlesen, Verschreiben, oder eine falsche Zuordnung eines PKWs nie ausgeschlossen werden können.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

AG Kaiserslautern vom 14. März 2012: Geschwindigkeitsmessung mit Gerät ESO 3.0 liefert keine gerichtsverwertbaren Ergebnisse

Der Hersteller des Gerätes ESO 3.0 zur Geschwindigkeitsmessung verweigerte genaue Angaben darüber, wie die Messung erfolgt. Das AG Kaiserslautern sprach den Betroffenen in einer Bußgeldsache frei. Denn es konnte die Messung nicht überprüfen. Der dazu gehörte Sachverständige konnte in der Hauptverhandlung nur bestätigen, dass im Rahmen des vorgelegten Gutachtens nur überprüft werden konnte, ob die Messkriterien befolgt wurden. Außerdem könne nur überprüft werden, ob die Bedienungsanleitung eingehalten wurde. Der Sachverständige konnte aber nicht sagen, wie die Messung selbst zustande kam.

Das Gerät ESO 3.0 tastet Helligkeitsprofile ab. Diese werden sodann übereinander gelegt und phasenverschoben aufgezeichnet. Daraus soll die Geschwindigkeit ermittelt werden können.

Das Urteil des AG Kaiserslautern vom 14. März 2012 (6270 Js 9747/11.1 OWi) ist veröffentlicht in der zfs 2012, 407. Zu dem gleichen Ergebnis (Unverwertbarkeit der Ergebnisse des Gerätes ESO 3.0) gelangte das AG Landstuhl im Urteil vom 3. Mai 2012 (4286 Js 12300/10, zfs 2012, 408).