Es kommt vor, dass Richter im Ruhestand ihr Glück als Anwalt versuchen. Auch wenn Marketingstrategien überwiegend bei Großkanzleien ein Thema sind, fällt auf, dass so mancher Rechtsanwalt (Rechtsanwältinnen habe ich noch nicht gesehen) neben dem Rechtsanwaltstitel die Bezeichnung „Richter a.D.“ verwendet. Mich hat schon früher die Größe von Kanzleien, die Farbe von Briefbögen oder die mehr oder weniger kreativen Einfälle von Kolleginnen oder Kollegen nicht dazu hinreißen können, die Kammer zu verständigen. Auch wenn die Anwälte Organe der Rechtspflege sind, so sind sie doch auch Dienstleister. Der Markt und die Mandanten entscheiden also über Erfolg oder Misserfolg. Die Strategie, sich Vorteile gegenüber dem Wettbewerb dadurch zu verschaffen (zu versuchen), dass man dem Wettbewerb ein großes Kanzleischild untersagen lässt, hat mir noch nie eingeleuchtet. Ich halte es für sinnvoller, die Energie zu investieren, um selbst besser zu werden und nicht, um andere schlecht zu machen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des VG Saarlouis vom 16. Juli 2012 (2 L 419/12). Ein bis Ende 2011 tätiger Richter versuchte sich als Rechtsanwalt. Der neue Kollege war bis zu seiner Pensionierung bis zuletzt als Direktor am Arbeitsgericht tätig. Die für ihn zuständige Dienstbehörde untersagte ihm aber, bis Ende 2014 bei dem Arbeitsgericht als Rechtsanwalt aufzutreten, bei dem er seit 1997 tätig war.
Das wollte der Kollege Gerichtsdirektor a.D. so nicht stehen lassen und zog vor das VG.
Das VG meint, Richter und sonstige Mitarbeiter des Gerichts könnten gegenüber dem ehemaligen Gerichtsdirektor in einen Loyalitätskonflikt geraten. Es sah außerdem das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität gefährdet.
Ich möchte diese Entscheidung hier nicht weiter kommentieren. Ich habe aber Zweifel, ob die Marketingstrategie des neuen Kollegen am Markt besteht. Aus Gesprächen mit Richtern wissen wir, dass Richter Auftritte früherer Kollegen als Rechtsanwälte besonders kritisch begleiten. Den von den neuen Kollegen Richter a.D. erhofften „Bonus“ gibt es nach unserer Einschätzung nicht. Im Gegenteil: Wenn die neuen Kollegen Richter a.D. sich in der neuen Rolle ein wenig schwer tun, liegt es schon rein menschlich auf der Hand, dass sie noch viel eher zur Zielscheibe von Häme und Spott der ehemaligen Kollegen werden, als dies Anwälten passiert, die keine Richterkarriere hinter sich haben.
Ob der Zusatz „Richter a.D.“ für Mandanten nicht eher das Gegenteil von dem Gewünschten, nämlich eine Abschreckung, bewirkten, sei hier nur als Frage in den Raum gestellt. Denn eine anwaltliche Tätigkeit nach Ausscheiden aus dem aktiven Dienst hat ein wenig das Odium, dass der Rechtsanwalt entweder nichts Besseres zu tun hat, oder schlimmer noch, es womöglich noch nötig hat, zu arbeiten. Ob Mandanten einem „Feierabend – Rechtsanwalt“ Großes zutrauen, dürfte auch fraglich sein.
[…] Frage, ob ehemalige Richter die besseren Rechtsanwälte sind, – m.E. übrigens nein: Warum sollte das der Fall […]
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