„Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt.“ (Friedrich Wilhelm I., Soldatenkönig)

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

„Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt.“ (Friedrich Wilhelm I., Soldatenkönig)

Juristen sind nicht erst seit dem preußischen Soldatenkönig Zielscheibe und Objekt von Satire, Spott und Häme. Zwar gibt es das auch bei anderen Berufsgruppen, aber es gibt nur wenige Berufsgruppen, die sich für derartige Attacken so gut eignen wie wir Juristen. Wer meint, alles besser zu wissen und sich – als Richter aufschwingt, Streitigkeiten anderer zu entscheiden, oft ohne von der Materie, über die Recht zu sprechen ist, auch nur annähernd soviel zu wissen wie die Parteien, der darf sich nicht wundern, wenn er leichte Beute für nicht immer angemessene Kritik ist. Berücksichtigt man auch noch die Robe der Juristen, die ja nicht nur rein zufällig eine große Ähnlichkeit mit einem schlichten Priestergewand hat, dann eröffnet sich ein ganzer Blumenstrauß an Möglichkeiten, über die Berufsgruppe zu schmunzeln oder gar herzhaft zu lachen.

Nimmt man dann noch die Neigung einiger (oder vieler?) Anwälte hinzu, geradezu wie Pawlow’sche Hunde zu versuchen, Gehörtes in ihre Paragraphenwelt einzuordnen, was häufig  zu Ergebnissen führt, die mit nur einfachem Nachdenken als nicht richtig entlarvt werden können (im Studium habe ich dafür den anschaulichen Begriff „Tatbestandsquetsche“ gelernt), dann wird schnell klar, warum sich die Juristen so hervorragend anbieten.

Ein weiterer Grund liegt darin, dass Juristerei immer auch noch mit Rechthaberei verwechselt wird. Und Recht zu behalten ist offenbar ein hohes Gut. So habe ich bei einem Prozess, in dem ich als Zuhörer saß, weil ich noch nicht „dran“ war, folgende Szene erleben dürfen: nachdem das Gericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag gemacht hatte, sagte die Klägerin, sie könne den Vergleich nicht akzeptieren. Auf die Frage des Gerichts, warum denn nicht, antwortete  sie mit einer geradezu entwaffnenden Selbstverständlichkeit: „ich will doch nur mein Recht.“ Recht ist also nicht etwas, das für alle da ist, sondern offenbar eine individuelle Sache: entweder hat man es, oder aber der andere.

Dass bei einem solchen Schwarz-Weiß-Denken die Suche nach Lösungen oft aus dem Fokus gerät, ist bedauerlich. Bei vielen Kollegen kann man sich aber auch des Eindrucks nicht erwehren, dass sie nur den Streit beherrschen und Mandanten allein aus eigenen finanziellen Interessen in Rechtsstreite treiben. Rechthaber sind dort gerne gesehen Mandanten. Im weiteren Verlauf der Korrespondenz mit so gestrickten Kollegen gewinnt man schnell den Eindruck, dass die Schriftsätze gar nicht für den „Gegner“, sondern für den eigenen Mandanten geschrieben werden: damit dokumentiert man, dass man den anderen richtig schön „verprügelt“.  Ob man damit einer Lösung näher kommt, ist schon nicht mehr so wichtig. Denn der Mandant freut sich, dass er jemanden an seiner Seite hat, der für ihn austeilt.  

In den USA gibt es sehr viele Witze über Anwälte. Die meisten befassen sich mit der Gier der Anwälte. US – Mandanten haben mich einmal gefragt, ob es auch in Deutschland viele Witze über Anwälte gäbe. Als ich das verneinte, fragten sie, woran das läge. Ich wusste es nicht genau und habe geantwortet: „all stories are true“, was bei meinen Mandanten zu erheblicher Erheiterung führte.  

Der Versuch, die Welt zu vereinfachen, um sie so für den Juristen vermeintlich passend zu machen, erweist sich zwar als gut gemeint, bewirkt aber meist das Gegenteil und wird schnell zum Rohrkrepierer, wenn nicht gar zur Lachnummer. In einem unseren letzten Prozesse, in dem es um Sachmängel bei einem Pferd ging, verblüffte der Richter die durchaus kundigen Parteien, indem er mich taxierend ansah, mit der Aussage: „Der Klägervertreter hat sehr wenig Haare und eine Brille, ich würde aber dennoch sagen, dass er deshalb nicht krank ist.“

Mein Credo: jeder Anwalt ist gut beraten, sich immer wieder einmal von außen zu betrachten, und einfach auch mal zuzuhören und bei allem Einsatz nachzudenken.

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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