Kategorien-Archiv Haftung der Steuerberater

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – zur strafrechtlich sanktionierten Verschwiegenheitsverpflichtung der beratenden Berufe

91007 Linus fliege orange_1Reden ist selber, Schweigen ist Gold.“ Diese Maxime haben nach unseren praktischen Erfahrungen leider nicht alle Angehörigen der rechts-und steuerberatenden Berufe verinnerlicht. Dabei ist die Pflicht zur Verschwiegenheit ein hohes Gut. Es ist daher nach meinen Erfahrungen immer sehr erstaunlich, wie wenig Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer diese eigentlich selbstverständliche Pflicht beachten. So wird ungeniert in öffentlichen Verkehrsmitteln wie der Deutschen Bahn Vertrauliches so laut (und penetrant) über das Mobiltelefon kommuniziert, dass der gesamte Großraumwagen mithören kann.

In einem von uns betreuten Steuerstrafverfahren haben wir vor kurzem mit Erstaunen den Aktenvermerk eines Fahndungsprüfers zu der Mandatsniederlegung eines Steuerberaters gelesen. In dem Aktenvermerk hält der Fahndungsprüfer fest, dass der Steuerberater, der in der Zwischenzeit das Mandat niedergelegt hatte, dem Fahndungsprüfer am Telefon erklärt hatte, er fühle sich von seinem Mandanten belogen, der Mandant habe ihn über bestimmte Tatsachen ganz offensichtlich falsch informiert. Dem aus dem Aktenvermerk ersichtlichen Steuerberater, gegen den nicht etwa als Täter oder Teilnehmer einer Straftat ermittelt wurde, war im Eifer des Gefechts ganz offensichtlich entfallen, dass er sich zu diesen Äußerungen gar nicht hätte hinreißen lassen dürfen. Hier liegt ein klarer Verstoß gegen die berufsrechtlich und strafrechtlich sanktionierte Pflicht zur Verschwiegenheit vor.

Ebenso unfassbar ist es, wenn Berufskollegen ihnen “ lustig“ erscheinende Anekdoten aus ihrem Berufsalltag unter voller Nennung der Namen der Mandanten erzählen. Die Verschwiegenheit ist ein hohes Gut. Berater haben die Pflicht, die Interessen ihrer Mandanten zu wahren und zu vertreten. Dazu gehört es auch, die Pflicht zur Verschwiegenheit einzuhalten. Schließlich gilt auch hier die alte Beraterweisheit: „rausgeredet hat sich noch niemand, reingeredet haben sich schon viele.
ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Steuerberaterhaftung – nur die steuerliche Beratung im Einzelfall schützt Steuerberater vor Schäden

Mit Urteil vom 20. Februar 2009 (25 U 69/08) entscheid das OLG Hamm, dass ein Steuerberater wegen unterlassener Beratung auf Schadensersatz haftete. Die Klägerin nahm den Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, der Steuerberater habe ihn nicht auf die Neuregelung des § 13 b UStG (die sogenannte Umkehr der Steuerschuldnerschaft) hingewiesen. Das Landgericht hatte die Klage nach Vernehmung von Zeugen noch abgewiesen. Zwar sei § 13 b UStG auf die Klägerin anwendbar gewesen. Auch sei der beklagte Steuerberater verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Änderung hinzuweisen. Das LG konnte aber nicht feststellen, dass dieser Hinweis unterblieben war.

Das sah das OLG Hamm anders. Mit dem LG ging das OLG zunächst davon aus, der Steuerberater sei verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung des neuen § 13 b UStG (Umkehr der Steuerschuldnerschaft) hinzuweisen. Maßgebend für das OLG war, dass für den beklagten Steuerberater erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin in einem Bereich tätig war, der dem § 13 b UStG unterfalle.

Soweit der beklagte Steuerberater vorgetragen hatte, er habe die Klägerin per E-Mail mit einer Power-Point-Präsentation über die Neuregelung des § 13 b UStG unterrichtet, half dem beklagten Steuerberater das nach Auffassung des OLG nicht. Nach Auffassung des OLG sind Belehrungen angesichts der Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit der steuerrechtlichen Materie grundsätzlich mündlich zu erteilen. Zwar könne im Ausnahmefall auch eine schriftliche Belehrung reichen, die nach Behauptung der Beklagten gewillte Methode, eine gewählte Power-Point-Präsentation per E-Mail zu versenden, genüge jedenfalls nicht. Zum einen sei nicht sichergestellt, dass der Empfänger der E-Mail diese überhaupt zur Kenntnis nimmt. Zum anderen müsse kontrolliert werden, ob der Empfänger die E-Mail nicht nur erhalten, sondern auch die Bedeutung erfasst und den Inhalt zur Kenntnis genommen habe. Außerdem müsse nach dem OLG die steuerliche Beratung auf den Einzelfall bezogen sein.

Das Urteil des OLG zeigt für Steuerberater erhebliche Haftungsrisiken auf. In der Sache meinen wir allerdings, dass die Entscheidung des OLG an der Realität vorbei geht. Allein die Ausführungen des OLG zur Kommunikation per E-Mail zeugen von einem überholten Verständnis. Die Kommunikation per E-Mail hat heute insbesondere in Steuerberatungskanzleien die Kommunikation per Post oder Telefax weitgehend abgelöst. Bei Versand von E-Mails eine spezielle Kontrolle zu verlangen, dass der Empfänger die E-Mail auch erhalten hat, überspannt die Anforderungen. Eine solche Kontrolle ist auch nicht für den Versand von Schreiben per Post oder von Telefaxen von der Rechtsprechung gefordert worden.

Ebenso erstaunlich ist die Aussage des OLG, die Aufklärung sei grundsätzlich mündlich geschuldet. Hier sollte der kundige Thebaner doch eher davon ausgehen, dass eine verständliche schriftliche Aufklärung viel sinnvoller ist. Aber auch hier ist Steuerberatern der sicherste Weg zu empfehlen: Beratung über die Risiken im persönlichen Gespräch mit anschließender schriftlicher Dokumentation. Es ist teilweise erschreckend, wie nachlässig Steuerberater in diesem Bereich arbeiten.