Kategorien-Archiv Bankrecht

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Das EU-Sparbuch der Kommission als Bauernfängerei? So werden die EU – Anleihen finanziert? ein Schelm, wer böses dabei denkt

Egal, zu welcher Bank wir unser Geld bringen, der Zug der „hohen Zinsen“ ist schon lange abgefahren. In vielen Sparbüchern für „normale Bürger“ findet man einen Zinssatz von weniger als 1 %. Die EU-Kommission will das ändern: Sparen soll sich wieder lohnen. Ein europäisches Sparbuch soll es möglich machen. Das sogenannte „blaue Sparbuch“ wird durch Anreize wie Steuererleichterungen und staatlich garantierte Renditen angepriesen. Neben dem Spareffekt soll das öffentlich geförderte europäische Sparbuch den Klein- und Mittelständlern die Finanzierung ihrer Unternehmen erleichtern. Diese sind seit dem Ausbruch der Finanzkrise häufig in Schwierigkeiten. Auch der Ausbau der Infrastruktur soll durch die Spareinlagen gefördert werden. Das gesammelte Geld könnte so zum Beispiel Großprojekte wie Straßen, Krankenhäuser oder Sozialwohnungen  innerhalb der EU finanzieren. Das direkte Vorbild des „blauen Sparbuchs“ ist das französische Livret A. Dieses garantiert eine staatlich fixierte Rendite und die Zinserträge sind bis zu einer bestimmten Anlagesumme steuerfrei. Das Ersparte geht an französische staatliche Sparkassen, die damit kleine Firmen oder staatliche Projekte fördern. Wie genau das europäische Sparbuch ausgestaltet wird, steht noch nicht fest. Bis zum Jahresende soll aber ein Gesetzesvorschlag der EU-Behörde eingereicht werden. Die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments zu bekommen dürfte dann weitere zwei Jahre in Anspruch nehmen. Eine schnelle Einführung kann und wird es somit nicht geben.

Dennoch stellen sich die Bankenverbände schon mal auf die Barrikaden. Sie sehen in dem Sparbuch eine Bedrohung ihres eigenen Geschäftes. Angst haben die Banken in erster Linie, weil sie fürchten, selbst weniger Geld zur Verfügung zu haben. Betont wird von den deutschen Banken und Sparkassen, dass es in Deutschland keine Probleme bei der Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen gebe. Die kleineren Unternehmen werden nicht erwähnt. Ein weiteres Argument gegen das Sparbuch seitens der Banken ist, dass sie fürchten, Ersparnisse werden zu staatlich festgesetzten oder garantierten Zinsen nach Brüssel umgelenkt. Für ein Sparguthaben für europaweite Innovations-Finanzierung, wie die EU-Kommission es vorsieht, zeigen sie wenig Verständnis.

Vorsicht Falle? Das europäische Sparbuch trägt doch einen bittersüßen Beigeschmack von umbenannten Staatsanleihen auf EU-Ebene. Was wäre zum Beispiel, wenn ein EU-Mitgliedsstaat dringend eine „Finanzspritze“ benötigt – einfach, wenn Geld „auf den Sparkonten“ liegt? Wann und in welcher Höhe muss es zurück bezahlt werden? Gehen Bürger damit wohlmöglich ein unberechenbares Risiko ein? Wir sind gespannt auf die Details der EU-Behörden zu em Sparbuch.

ws/jb

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

„sic tacuisses“: ein Satz macht reich: 4 Milliarden Chance durch schwatzhaften Vorstand Breuer – wer zahlts?

Im Februar 2002 sagte der frühere Vorstand der Deutschen Bank in Bezug auf die Mediengruppe Kirch:
Was man alles lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder sogar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“

Dieser Satz dürfte als der wohl bislang teuerste in die Geschichte eingehen. Das vorläufige Ende vom Lied: eine jetzt seit über 10 Jahren laufende Klage von Kirch über rd. 4 Milliarden Euro gegen die Bank und ihren früheren Vorstand. Die Sache war aus den Medien wegen Euro-Krise und Wulff schon fast verschwunden, jetzt ist sie wieder da. Grund I: einen anscheinend fix und fertig ausgehandelten Vergleich über rd. 800 Mio. € hat die Bank in letzter Sekunde gestoppt. Grund II: eine die Bank und Breuer vertretende Kanzlei (Sernetz Schäfer) legte das Mandat der Bank wegen Interessenkollision nieder. Noch im Rennen sind Hengeler Müller und Gleiss Lutz.

Nach Juve u.a. soll der Grund für das Scheitern des Vergleich wohl darin liegen, dass sich Bank und Breuer intern nicht darüber einig geworden seien, wer welchen Anteil an der Vergleichssumme tragen wird. Ob die Bank Herrn Breuer den Streit verkündet hat, oder ob die Verjährung etwaiger Ansprüche aus anderen Gründen nicht eintreten kann, ist uns nicht bekannt.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Schwere Zeiten für Banken, die ihren Kunden mit dem Kredit (wegen der Provision?) eine Lebensversicherung mitverkauft haben?

Banken haben Kunden – oft als „Steuersparmodell“ – neben einem Kredit eine Kapitallebensversicherung als Tilgungsersatz verkauft. Die Zinsen aus der Versicherung waren früher bei entsprechender Gestaltung steuerfrei, die Zinsen auf den Kredit, wenn ein Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen bestand (z.B. vermietetes Mehrfamilienhaus) aber steuerlich abzugsfähg. Die stattliche Provision wurde dabei in der Regel gerne verschwiegen. Empfohlen wurden dabei häufig die Produkte aus dem eigenen Konzern. Zudem wurden Darlehensvertrag und Lebensversicherungsvertrag miteinander verknüpft. Die als Ablaufleistung für die Versicherungen angepriesenen Beträge werden heute durchweg nie erzielt, die Rendite aus garantierten Zinsen im Regelfall durch Gebühren für „Verwaltung“vernichtet.  Bislang stand diese Konstellation nur vereinzelt auf dem Prüfstand der Gerichte. Das wird sich jetzt ändern und wohl eine neue Welle von Klagen auslösen.

Zwar ist die sog. „Kick back“- Rechtsprechung des BGH (zuletzt „Kick back III“ BGH NJW 2009, 1416) auf diese Konstellationen nicht direkt anwendbar. Das LG Heidlelberg hat aber mit Urteil vom 13.07.2010 (2 O 444/09, juris) diese Rechtsprechung auf Konstellationen dieser Art für entsprechend anwendbar erklärt. Das LG stützt seine Auffassung darauf, dass die Interessenlage des Kunden in den Fällen der Kick back Rechtsprechung mit der dem Urteil des LG zugrunde liegenden Konstellatiion vergleichbar sei.

Antragsgemäß verurteilte das LG die beklagte Bank auf Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Ansprüche aus der Versicherung. Der Schaden bestand u.a. in den von dem Kläger in die Versicherung eingezahlten Beträge nebst Zinsen.

Es kommt für einige Banken aber womöglich noch schlimmer: Mit Urteil vom 15.12.2009 (XI ZR 45/09, BGHZ 184, 1-13) hat der BGH entschieden, dass ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte im Sinne von § 358 BGB sein können. Mißliche Folge: fehlt es an der Widerrufsbelehrung oder wurde diese nicht ordnungsgemäß erteilt, kann der Kunde widerrufen. Die Bank kann dann zwar Rückzahlung der Darlehenssumme in einem Betrag und sofort verlangen, sie muss dem Kunden aber die Zinsen erstatten. Das aber wäre für die Banken angesichts des derzeit niedrigen Zinsniveaus bei älteren Verträgen ein schlechtes Geschäft.

Wir werden über die weitere Entwicklung in den von uns betreuten Fällen berichten.