Kategorien-Archiv Steuerverfahrensrecht

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Uli Hoeneß – es wird viel geschrieben, nur eine Frage wird – mal wieder nicht gestellt: wie gelangen solche Infos in die Öffentlichkeit?

Ja: Uli Hoeneß hat Steuern hinterzogen; er hat damit eine Straftat (oder mehrere) begangen. Das ist in keiner Weise akzeptabel. Juristisch liegt der Sprengstoff dieses „Falles“ nach der Selbstanzeige von Hoeneß aber nur noch darin, ob diese wirksam ist. Nur dann kann er straffrei bleiben. Was das für die Reputation von Hoeneß heißt, ist dagegen keine Aufgabe für Juristen.  Angesichts des breiten Medienechos gehört aber auch für einen Juristen nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass dies für Hoeneß das „Aus“ ist.

Eine Frage wird aber auch hier wieder einmal nicht gestellt. Schon bei Herrn Zumwinkel fragten sich noch ein paar (weinge) Personen, wie es denn sein könne, dass die Presse schon vor Eintreffen der Ermittlungsbehörden „schussbereit“ in Position war. Diese Frage stellt sich bei Hoeneß in etwas anderer Form, aber dennoch stellt sie sich (nur neimand in der Presse schreibt darüber). Auch eine Selbstanzeige fällt unter das Steuergeheimnis nach § 30 AO. Das gilt für alle Behörden. Dazu gehört schon die einfache Tatsache, dass überhaupt eine solche Anzeige erstattet worden ist. Wie kann es dann aber sein, dass der Focus all dies recherchiert hat? Mit legalen Mitteln ist das kaum denkbar. Es spricht mehr dafür, dass hier jemand nachgeholfen hat. Aber auch hier heiligt der Zweck (welcher ist es denn?) die Mittel, sich die Infos (über einen nicht legalen Weg?) zu beschaffen.

Noch einmal: Steuerhinterziehung ist strafbar und nicht zu tolerieren. Das ist simpel. Die Steuergesetze sind, ebenso wie andere Gesetze, einzuhalten. Auch das ist simpel. Was der Staat aber zu recht von seinen Bürgen verlangt, die Gestzestreue, das muss er aber auch gegen sich selbst gelten lassen. Und dann geht es nicht an, z.B. mit Kriminellen zusammen zu arbeiten, um Daten-CDs zu kaufen, mögen die auch noch so interessant sein. Damit wird der Staat zum Anstifter für Straftaten. Datenklau wäre auch in Deutschland strafbar. Und der Staat muss auch dafür Sorge tragen, dass ihm anvertraute Informationen, die unter das Steuergeheimnis fallen, auch (selbstverständlich) dem Gesetz entsprechend behandelt werden. Es geht nicht an, dass, was z.Zt. nur vermutet werden kann, Mitarbeiter von Behörden ihnen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger bekannt gewordene Tatsachen für Zwecke verwenden, die vom Gesetz offensichtlich nicht gedeckt sind. Recht muss Recht bleiben. Wird es nur noch zum Zweck degradiert, wird ihm bald die Akzeptanz fehlen. Am Steuerrecht sehen wir deutlich, wohin das führen kann. Es ist fast nicht mehr zu verstehen. Und wenn dann populistisch eine aus guten Gründen (extem hoher Verwaltungsaufwand und dazu im Verhältnis nicht mehr zu rechtfertigende geringe Einnahmen) vom BVerfG, nicht etwa von einer „Reichen-Lobby, abgeschaffte Vermögensteuer unter dem Jubel vieler Bürger wieder eingeführt werden soll, dann stellt man sich besser nicht die Sinnfrage. Steuern sind eben dann gut, wenn man sie selbst nicht zahlen muss.
ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Achtung: Teilweise Änderung der Rechtsprechung des BFH zur nachträglichen Änderung des Kaufpreises bei Betriebs- oder Anteilsveräußerungen

Nach gefestigter Rechtsprechung und Verwaltungspraxis wirken nachträgliche Kaufpreisänderungen bei Betriebs- und Anteilsveräußerungen grundsätzlich auf den Veräußerungszeitpunkt zurück. An dieser Auffassung hält der BFH im Fall einer Anteilsveräußerung nach § 17 EStG in einem Urteil vom 23. Mai 2012 (IX R 32/11, DSTR 2012, 1325) grundsätzlich fest. Der BFH differenziert neuerdings aber:

  1. Wenn über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Betriebs- oder Anteilsübertragung keine abschließende Einigung erzielt wurde, verändert eine nachträgliche Modifizierung der Preisfeststellung die Höhe des Veräußerungsgewinns rückwirkend.
  2. Wurde dagegen der zunächst feststehende Veräußerungspreis nachträglich geändert, ist ein etwaiger Mehrbetrag erst in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem die Erhöhung vereinbart wurde.

Konsequenz: In der Mehrzahl der Fälle wird es bei der bisherigen Rechtsprechung bleiben, dass nachträgliche Änderungen des Kaufpreises auf den Veräußerungszeitpunkt zurückwirken.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Kompliziertes Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH): die Nichtzulassungsbeschwerde

Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) in finanzgerichtlichen Verfahren bildet eine ganz besondere Herausforderung für den Berater. Eine erschreckend hohe Zahl von NZB wird bereits als unzulässig verworfen. Die Beschwerdeführer schaffen es nicht, die NZB in einer Fassung vor den BFH zu bringen, die den strengen Maßstäben des BFH genügt. Ein Beispiel dazu aus jüngster Vergangenheit ist die Entscheidung des BFH vom 26. Juni 2012 (IV B 129/11). In der genannten Entscheidung versagte der BFH der NZB den Erfolg. Der BFH betont, dass die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO nicht allein damit begründet werden kann, dass das angefochtene Urteil des Finanzgerichts rechtsfehlerhaft ist. Eine Entscheidung des BFH im vorgenannten Sinne setzt voraus, dass das Finanzgericht von einem von dem BFH aufgestellten Rechtssatz abweicht. Maßgebend ist dabei auch der Sachverhalt, wie er von dem Finanzgericht festgestellt worden ist.

In der Tat werden viele Berater bei dem Erstellen von NZB aufgrund der einzuhaltenden Formalien überfordert sein.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Vorsicht Falle: Revisionen vor dem Bundesfinanzhof (BFH) müssen den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen

Verfahren vor dem BFH weisen eine besondere Tücke auf. Die Nichtzulassungsbeschwerden (NZB) sind dabei eine ganz besonders hohe Hürde. Eine Vielzahl von NZB wird bereits als unzulässig verworfen, weil die NZB handwerklich nicht sauber gearbeitet ist. In seiner Entscheidung vom 10. Mai 2012 (IV R 47/10) hat der BFH eine Revision als unzulässig verworfen. Grund: Die Revisionsbegründung entsprach nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Revisionsbegründung muss die Umstände bestimmt bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Die erhobene Rüge muss eindeutig erkennen lassen, welche Rechtsnorm der Revisionskläger für verletzt hält. Außerdem muss er die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen.

Diesen Anforderungen ist die Revisionsbegründung in dem genannten Verfahren nicht gerecht geworden. Der BFH hatte schon Zweifel, ob die Revisionsbegründung überhaupt erkennen lässt, welche Rechtsnorm die Revisionsklägerin für verletzt hielt. Hinzu kam im Streitfall aber, dass die Revisionsbegründung die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, die das Urteil des Finanzgerichts als unrichtig erscheinen lassen, nicht ausreichend dargestellt waren. Die Revisionsbegründung gab teilweise wortlautidentisch den Tatbestand und die wesentlichen Entscheidungsgründe der Vorentscheidung wieder. Eine Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Urteils des Finanzgerichts enthielt die Revisionsbegründung daher nicht.

Quintessenz: Auch Revisionsbegründungen bedürfen einer besonderen Betreuung.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Herbe Niederlage für Finanzverwaltung vor Bundesfinanzhof (BFH): § 3 c Abs. 2 EStG gilt nicht für Wertminderungen auf Gesellschafterkredite im Betriebsvermögen

Die Finanzverwaltung hat vor dem BFH eine Niederlage erlitten. Die Finanzverwaltung wollte für Wertminderungen bei Krediten oder Bürgschaftsinanspruchnahmen im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften das Halb- oder Teilabzugsverbot aus § 3 c Abs. 2 EStG fruchtbar machen. Dem hat der BFH eine Absage erteilt. Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den Anteilen an der GmbH und um Kredit/Bürgschaft um jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter. Die Urteile des BFH zu Aktenzeichen X R 4/10 und X R 7/10 datieren vom 18. April 2012. Nach Auffassung des BFH fehlt es am erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfreien Beteiligungseinnahmen.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 zum Zeitpunkt der Veräußerung im Sinne von § 17 EStG bei Call-Put-Vereinbarung

Im Steuerrecht ticken die Uhren häufig anders als im Zivilrecht. Wenn nach Zivilrecht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft noch nicht verkauft ist, sieht das Steuerrecht das häufig anders. Das Zauberwort lautet: wirtschaftliches Eigentum im Sinne von § 39 AO. Ein Kauf unter Eigentumsvorbehalt wegen fehlender Kaufpreiszahlung, da Eigentum an dem Kaufgegenstand noch nicht übergegangen ist, wird im Steuerrecht als bereits vollzogener Kauf behandelt. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat es allein der Käufer in der Hand, die aufschiebende Bedingung durch Zahlung des Kaufpreises eintreten zulassen. Das Steuerrecht behandelt den Käufer in diesem Fall als wirtschaftlichen Eigentümer.

In dem von dem Finanzgericht Düsseldorf durch Teilurteil am 6. Dezember 2011 (9 K 4360/09 E, Efg 2012, 998) entschiedenen Streitfall hatte der Kläger einer Gesellschaft die von ihm gehaltenen Aktien an einer AG unwiderruflich zum Kauf angeboten. Der Kaufpreis war bereits festgelegt, sollte sich aber um eine Dividende erhöhen. Die Dividende sollte dem Käufer zustehen. Diese sogenannte Put-Option war auf Seiten der Käuferin durch eine Call-Option zusätzlich abgesichert. 2001 verhandelten die Parteien mit dem Ergebnis, dass die Optionen zeitlich um ein Jahr verlängert wurden. Das Finanzgericht nahm entgegen der Auffassung des Finanzamtes für das Jahr 2000 noch keine Veräußerung der Anteile im Sinne von § 17 EStG an. Maßgebend dafür war u.a., dass nach den Vereinbarungen der Parteien der Gewinn des Jahres 2000 noch dem Verkäufer zustehen sollte, und dass in der Zwischenzeit bis zur Optionsausübung der Kaufinteressent noch keinen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben konnte. Außerdem hatten die Beteiligten die Optionsfrist verlängert, weil der Käufer seinerseits die Aktien Dritten anbieten wollte, die er noch gar nicht gefunden hatte.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Interessantes Urteil des BFH vom 24. Mai 2011 zur Einkunftserzielungsabsicht und zur Leistungsfähigkeit – Verzugszinsen doch nicht steuerpflichtig

In einem jetzt veröffentlichen Urteil vom 24. Mai 2011 (VIII R 3/09) entschied der BFH, dass Verzugszinsen in der dem Urteil zugrundeliegenden Konstellation nicht versteuert werden müssen.

Worum ging es? Der Kläger hatte nach einem erfolgreich geführten Zivilrechtsstreit Verzugszinsen vereinnahmt, die das Finanzamt als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern wollte. Das wäre nicht weiter spannend und wohl auch nicht vor dem BFH gelandet. Die Besonderheit bestand aber darin, dass der Kläger in den Vorjahren Zinsen für ein Darlehen in übersteigender Höhe gezahlt hatte, die durch die Refinanzierung der eingeklagten Forderung veranlasst waren. Diese hatte der Kläger steuerlich nicht geltend gemacht.

Der BFH entschied, dass die Verzugszinsen zwar Einnahmen aus Kapitalvermögen seien. Sie dürften aber nicht besteuert werden, weil dem Kläger die Einkunftserzielungsabsicht gefehlt habe. Denn wenn der Kläger per Saldo mehr Zinsen gezahlt als vereinnahmt habe, dann sei im Saldo seine Leistungsfähigkeit auch nicht erhöht.

Das Ergebnis ist für den Kläger zu begrüßen, methodisch aber nicht so recht einleuchtend. Denn der BFH durchbricht damit im Ergebnis die Bestandskraft der vorausgegangenen Steuerjahre, in denen der Kläger die gezahlten Zinsen steuerlich nicht geltend gemacht hatte. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein Kläger (oder auch ein beklagtes Finanzamt) an der Hürde der Bestandskraft gescheitert wäre.

In anderen Verfahren sind die Finanzgerichte nicht so großzügig gewesen. In einem vom Ergebnis her durchaus vergleichbaren Fall der Einbringung einer GmbH in einer AG gegen Gewährung von Aktien hatte der BFH die Aktien mit einem bestimmten Wert zum Einbringungsstichtag bewertet und dem Einbringenden einen Gewinn von rd. 20 Mio. € zugerechnet, obwohl die Aktien wegen einer Sperrfrist nicht verkauft werden konnten, und zudem in der Sperrfrist ca. 90 % des Wertes verloren hatten. Das Argument der fehlenden Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei dem Einbringenden ließ der BFH nicht gelten. Er verwies hier auf die nach seiner Auffassung ohne Ausnahme geltende Wertverknüpfung des Wertansatzes des Aufnehmenden mit dem des Einbringenden.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

BGH zementiert bei Steuerhinterziehung die magische Grenze von 1,0 Mio. EUR (Urteil des BGH vom 7. Februar 2012 -1 StR 525/11)

Der BGH zementiert mit seiner Entscheidung vom 7. Februar 2012 die für Steuerhinterzieher in seinem Urteil vom 2. Dezember 2008 (1 StR 416/08) erstmals aufgestellte  Grenze von 1,0 Mio. €. In dem Fall des BGH hatte der Angeklagte rd. 1,1 Mio. € Steuern hinterzogen. Das LG setzte die Freiheitssstrafe zur Bewährung aus. Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das LG zurück. Nach Auffassung des BGH habe das LG rechtsfehlerhaft Strafzumessungsgesichtspunkte zu Lasten des Angeklagten nicht berücksichtigt. Ausdrücklich stellte der BGH unter Verweis auf sein Urteil vom 2. Dezember 2008 (1 StR 416/08) klar, dass bei hinterzogenen Steuern in Millionenhöhe eine Bewährungsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht käme.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Im Schnitt waren die Klageparteien im Jahr 2010 vor dem Finanzgericht Münster erfolgreich

In seiner Pressemitteilung Nr. 3 vom 9. Februar 2011 teilt das Finanzgericht Münster (FG) mit, dass im Jahr 2010 rd. 46 % aller Klagen vor dem FG ganz oder teilweise Erfolg hatten,  Das FG betont zudem die Wichtigkeit der von ihm forcierten Erötertungstermine. In diesen Terminen werden die Sachen mit den Parteien erörtert; nicht selten gibt es dabei einvernehmliche Erledigungen. Auch wir haben damit bei komplexen Verfahren, in denen viele Punkte streitig sind, gute Erfahrungen gemacht. Zudem meint das FG erkannt zu haben, dass diese Art der Verfahren für die Kläger den Vorteil einer größern Transparenz hat. Es ist in der Tat für Kläger überzeugender, wenn die Gelegenheit besteht, die Argumente zu Gehör zu bringen und dazu die Auffassung der Berichterstatters zu kennen.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Erstattungszinsen doch wieder zu versteuern ? Finanzgericht Münster hält Rückwirkung für zulässig; der BFH wird zu sprechen haben

wir berichteten am 16.12.2010, dass das Finanzgericht Münster (FG) darüber zu entscheiden hatte, ob die rückwirkende Änderung des EStG, nach dem die von dem BFH aufgehobene Steuerpflicht von Erstattungszinsen wieder gelten sollte. Das FG hat am 16.12.2010 (5 K 3626/03 E) entschieden, dass die Rückwirkung nicht zu beanstanden ist. Die Revision dagegen ist bereits anhängig (8 R 1/11).

Bei dem BFH ist zu dieserFrage ein weiteres Revisionsverfahren (VIII R 36/10) anhängig. Es bleibt also spannend.