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Schöne Bescherung – rechtsprechungsüberholende Gesetzgebung – oder: wenn das Recht nicht passt, wird es passend gemacht

Kaum hat der BFH mit Urteil vom 15. Juni 2010 erkannt, dass Erstattungszinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen, ändert der Gesetzgeber das Gesetz. Im Jahressteuergesetz 2010 ist geregelt, dass Erstattungszinsen steuerpflichtig sind. Das ganz soll rückwirkend für alle offenen Fälle gelten. Das Finanzgericht Münster verhandelt noch im Dezember 2010 den ersten Fall dazu. Das Gericht hat bei dem Kläger angefagt, ob nach neuem Recht entschieden werden soll. Der Kläger hat „ja“ gesagt. Wir werden über den Ausgang des Verfahrens berichten. 

Dies ist ein gutes Beispiel dafür, warum es in Deutschland nie ein einfaches Steuerrecht geben wird: als die Vollverzinsung eingeführt wurde, waren Nachzahlungszinsen abzugsfähig, Erstattungszinsen waren zu versteuern. Diese Logik folgte einem einfachen, jedermann einleuchtenden Prinzip. Später änderte der Gesetzgeber die „Spielreglen“ einseitig zu seinen Gunsten: der Abztug wurde gestrichen, die Pflicht zur Versteuerung bleibt erhalten. Der BFH beseitigte diese Ungerechtigkeit. Wenn der Gesetzgeber diese Ungerechtigtkeit wieder als Gesetz einführt, muss man sich nicht wundern, wenn Bürger dem Staat den Gehorsam verweigern.

Wieviel Schulden kann ein Land ertragen oder: wer soll das bezahlen ?

Wer sich über die bejubelte geringe Neuverschuldung freut, verkennt, dass wir uns in Deutschland nicht nur in einem Blind – sondern in einem Sinkflug befinden. Von Abbau der Schulden keine Spur. Jedes so handelnde Unternehmen wäre pleite, Geschäftsführer oder Vorstände längst entlassen. Wollte man alle Schulden Deutschlands tilgen, müsste jeder heute lebende Bundesbürger ab heute monatlich bis an sein Lebenende rund 350 Euro zahlen. Alternativ dazu könnten auch die staatlichen „Transferleistungen“ (was soll in diesem Zusammenhang der Begriff „Leistungen“) um 14 % gesenkt oder alle Steuern und Abgaben um 17 % erhöht werden.
(Zahlenquelle: Kölner Steuerdialog [KÖSDI] 10/2010)

Die Werbung (für einen Anbieter von Mobilfunktelefonie) gibt auf die Frage „Wer soll das bezahlen“ die Antwort: „Keiner soll das bezahlen“. Zu dem Schuldenberg müsste die Antwort lauten: „Keiner kann das bezahlen“.