Betrachtet man das Referendum in Griechenland mit den Methoden der Logik, dann erhält man folgende Ergebnisse: (1) Das griechische Volk stimmt über die Annahme eines Angebotes ab, für das die Annahmefrist bereits abgelaufen. (2) Die Regierung, die dem Volk rät, das Angebot abzulehnen (mit „Nein“ zu stimmen), und die das Vertrauen und die Akzeptanz bei den Verhandlungspartnern verspielt hat, will gestärkt in weitere Verhandlungen eintreten. Was aber gibt es zu verhandeln, wenn die Regierung sich vom Volk nur hat bestätigen lassen, dass man das Angebot für nicht akzeptabel hält? Ein „Nein“ als Ergebnis des Referendums zementiert bestenfalls die bereits bekannte Ablehnung, es stärkt aber nicht die Regierung. Denn die Regierung repräsentierte auch schon bisher das griechische Volk. (3) Mit einen „Nein“ sind keine neuen Vorschläge verbunden. (4) Wer genau wissen will, worüber er abstimmt, der muss die auf dem Stimmzettel nur sehr rudimentär bestimmten EU-Papiere lesen, die für die meisten Menschen schon gar nicht verstehbar sind. Und selbst wenn: siehe (1). (5) Und zum Schluss ganz einfach: wer die Konditionen eines Kredits oder einer Hilfe nicht akzeptiert, der muss sich auch nicht wundern, wenn er keine Gelder mehr bekommt.
Ganz gleich, wie die Sache am 5. Juli 2015 ausgeht, Griechenland wird schweren Zeiten entgegengehen. Nicht nur der Staat wird zahlungsunfähig bleiben, die Banken werden zusammenbrechen. Bei allem Respekt vor dem Bemühen der griechischen Regierung: sie hat sich nach meiner Meinung verzockt.
ws
Ich habe das „Griechenland – Thema“ immer am Rande verfolgt. Ich habe mich darüber gewundert, dass man so lange und – in meiner Wahrnehmung aus der Presse – unstrukturiert und ziellos, man könnte meinen, es ginge nur um Zeitgewinn, aber wofür? – ohne Ergebnis verhandeln kann. Nachdem sich die Situation in den letzten Wochen zuspitzte, habe ich versucht, mich ein bisschen intensiver mit dem Thema zu befassen und es zu verstehen. Dazu habe ich mir nicht wenige dieser Talkrunden im Fernsehen angesehen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich das eine oder andere, was Ökonomen dort zum Besten gegeben haben, nicht verstanden. Das beunruhigt mich aber auch nicht, weil es auch solche Veranstaltungen gab, wo hochdekorierte Ökonomen sich, vereinfacht gesagt, wechselseitig bezichtigten, Unsinn zu verbreiten.
So ganz verstehen kann ich den Aufstand, der um das Thema gemacht wird, noch immer nicht. Für Griechenland als Staat mag das Thema sicherlich von existenzieller Bedeutung sein, für die übrigen Länder der EU ist die Bedeutung dagegen bei weitem nicht so groß, wie die mediale Aufmerksamkeit es vermuten lassen sollte. Und für den Rest der Welt ist Griechenland nach meiner Einschätzung völlig unbedeutend.
Das Bizarre an dem Thema ist nach meiner Einschätzung nicht so sehr das eigentliche Problem. Denn das Problem einer Verschuldung und das Problem, die Wirtschaft aufzubauen, ist Sache eines jeden Nationalstaates. Warum dabei andere Staaten oder die EU helfen sollten, erschließt sich mir nicht. Ich habe mein Büro auch alleine aufgebaut, ich habe mich dabei nicht verschuldet. Auch Staaten ist es unbenommen, Darlehen aufzunehmen, um Ausgaben zahlen zu können. Dieses Modell ergibt aber nur Sinn, wenn die Aussicht besteht, dass diese Darlehen auch zurückgezahlt werden können. Ohne diese Aussicht wird ein Staat ebensowenig wie eine andere Person einen Geldgeber finden, der bereit ist, ihn zu unterstützen. Alles andere sind politische Hilfsaktionen, die wohlüberlegt sein wollen.
Die Hilfsbereitschaft der EU-Länder ist nach meinem Verständnis bei dieser Ausgangslage riesengroß. Es gibt einen Schuldner, für den es nach meiner Wahrnehmung selbstverständlich ist, dass er in der Vergangenheit sehr großzügig mit Geld bedient worden ist, und der sich jetzt so aufführt, als sei es eine Frechheit, die Unterstützungsleistungen einfach einzustellen. Die Maßnahmen, die die Geldgeber von Griechenland fordern, kenne ich im Einzelnen nicht. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass es hier darum geht, dass die Geldgeber Griechenland ein bestimmtes Paket diktieren möchten. Ich kann mir vorstellen, dass die Geldgeber selbstverständlich auch bereit sein dürften, ein von Griechenland vorgelegtes tragfähiges Konzept als Grundlage für weitere Kredite zu akzeptieren.
Hatte ich zu Anfang noch gedacht, dass die handelnden Personen der Regierung in Griechenland intelligente und strategisch handelnde Köpfe und geschickte Verhandler sind, so ist diese Vorstellung mittlerweile dem Eindruck gewichen, dass hier bloß eitle und sich selbst überschätzende Machtmenschen am Werk sind, die nur wissen was Sie nicht wollen, die aber leider nicht sagen können oder wollen, was denn Ihrer Meinung nach geschehen sollte.
Unterdessen verwundert derzeit noch, wie ruhig es in Griechenland ist. Ich fürchte aber, je länger die Zeit andauert, dass die Menschen kein Bargeld von den Banken gehalten, desto schlimmer wird es werden. Tiefgreifende Reformen sind im eigenen Interesse von Griechenland, nicht nur im Interesse der Geldgeber. Es geht auch nicht darum, dass Griechenland am Gängelbändchen der EU laufen oder gar erniedrigt werden soll. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass Geldgeber, wie andernorts auch üblich, ihr Geld gerne wieder zurückhaben möchten. Und wenn die Situation, die sie vorfinden, Ihnen diesen Glauben nicht gibt, dann werden sie kein Geld geben. Das geht jedem Unternehmen so, dass geht jeder Privatperson so. Es gibt für Staaten insoweit keine Sonderrechte, es sei denn, es handelt sich um einen humanitären Akt.
Ich bin gespannt, wie das Referendum ausgeht, und ich bin noch deutlich gespannter, was danach passieren wird. Das ist nach meiner Einschätzung viel spannender als der Ausgang des Referendums. Und die Börsen hat es nicht interessiert.
ws
Die Lektüre von Fachliteratur ist im Regelfall wenig ersprießlich. Es gibt nach meinem Geschmack nur wenig Bücher, die bei allem Interesse an dem Rechtsgebiet optisch und sprachlich ansprechend gestaltet sind. Das meiste kommt leider staubrocken daher. Wissenschaft und Praxis müssen aber nicht langweilig sein. Diese Erkenntnis gilt erst recht für Fachliteratur, die den Anwalt, den Anwaltsmarkt und das Thema Kanzleimanagement und Wissensmanagement betreffen. Hier wird es noch deutlich häufiger staubtrocken, nicht selten auch banal, obwohl diese Themen in hohem Maße praxisbezogen sind, und jeden Rechtsanwalt interessieren sollten. Wie wohltuend ist es daher, das Buch von Hans Bollmann mit dem Titel „Es kommt darauf an“ zu lesen.
Die erste Erkenntnis aus der Begegnung mit dem Buch, als ich es in die Hand genommen hatte, war geradezu frappierend. Ich wusste schon immer, dass Manager, Wirtschaftsprüfer und Banker, ganz gleich in welchem Staat sie arbeiten, zentral an einem Ort dieser Erde ausgebildet wären. Ansonsten wäre die Gleichheit der Angehörigen dieser Spezies nicht zu erklären. Bei der Spezies der Juristen, der auch ich angehöre, war ich mir bislang aber immer sicher, dass es einen solchen zentralen Ausbildungsort nicht gibt. Dafür sind nicht nur die Sprachen, sondern auch die Rechtssysteme der Staaten dieser Erde zu verschieden, als dass es einen kleinsten gemeinsamen Nenner für alle Juristen geben könnte.
Auf geradezu vorzüglich amüsante Weise bin ich jetzt aber eines Besseren belehrt worden. Allein schon der Titel des Buches „Es kommt darauf an“ von Hans Bollmann, einem Schweizer Juristen, hat mir schlagartig deutlich gemacht, dass es diese zentrale Ausbildungsstätte irgendwo doch geben muss. Denn wer kennt diesen Satz „Es kommt darauf an“ nicht. Es gibt nach meiner Einschätzung nicht wenige Juristen, die ihren Beruf verfehlt haben. Das gilt nicht nur für das unzureichende Fachwissen, sondern auch für die Persönlichkeit selbst. Dennoch aber dürften alle Juristen, auch die weniger befähigten, den Satz „Es kommt darauf an“ kennen und rege Gebrauch davon machen.
Eins aber ist klar: selbstverständlich kommt es darauf an. Denn es ist ja gerade die Aufgabe des Juristen zu prüfen, ob der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt sich unter den im Gesetz typisierten Lebenssachverhalt subsumieren lässt. Nur dann erhält er die Rechtsfolge. Daher ist der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt alles andere als gleichgültig. Denn es kommt darauf an, welchen Lebenssachverhalt wir unter das Gesetz subsumieren.
Genauso klar und einfach wie diese Erkenntnis, genauso klar und einfach ist auch die Erkenntnis, dass sich die stereotype Antwort „Es kommt darauf an“ an den Mandanten zu einer bestimmten von ihm gestellten Frage niemals auf diese vier Worte beschränken sollte. Das wäre „Teufelszeug“. Denn der Mandant möchte eine solche Antwort nicht hören. Sie hilft ihm nichts. Der Rechtsanwalt muss bei aller Richtigkeit der Aussage dem Mandanten dann auch schon sagen, worauf es denn ankommt. Denn sonst kann der Mandant mit dieser Antwort schlicht gar nichts anfangen.
Die Aussage „Es kommt darauf an“ ist bei Beschränkung auf diese vier Worte ähnlich sinnvoll wie die Bitten von Finanzämtern an die Steuerpflichtigen, „alle erforderlichen Unterlagen einzureichen“. Wäre der Bearbeiter nur zu bequem, die von ihm als erforderlich angesehenen Unterlagen zu benennen, wäre das schon schlimm. Noch schlimmer aber wäre es, wenn mit dem Satz zum Ausdruck gebracht werden soll, dass der Bearbeiter in der Behörde gar nicht weiß, was er eigentlich haben möchte. Geradezu grotesk wird es dann, wenn der Steuerpflichtige mit großer Mühe und zeitraubend Unterlagen zusammengestellt hat und dann von einer Behörde die Aussage hört, dass man diese Unterlagen nicht braucht.
Wie erfrischend dagegen ist das Buch von Bollmann. Es enthält aus der Sicht eines Schweizer Juristen einen sehr gut und unterhaltsam zu lesenden Abriss über Anwälte, Anwaltsunternehmen und zu dem, was Anwälte so alles unternehmen. Die Lektüre des Buches ist ausgesprochen kurzweilig, führt aber dennoch bei jedem Leser mit Sicherheit zu einem nicht unerheblichen Erkenntnisgewinn. Es trägt auch dazu bei, die eigene Arbeit kritisch und mit Abstand zu betrachten. Es hilft auch, über sich selbst zu schmunzeln, und sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen, wie es viele Juristen machen. Kurzum: Das Buch ist eine echte Empfehlung.
ws
Wäre es im Kern nicht so traurig, man könnte darüber lachen: Der Beklagte eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Schleswig musste doch glatt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bemühen, um dem Amtsgericht die – im Übrigen nach einhelliger Auffassung durchzuführende – Berechnung einer Frist nach § 222 Abs. 2 ZPO zu erläutern.
Das Amtsgericht wollte den Rechtsstreit im schriftlichen Verfahren nach billigem Ermessen nach § 495a ZPO entscheiden. Es bestimmte als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden könnten, schließlich den 1. Oktober 2011. Dieses Datum fiel auf einen Sonnabend. Zum Beweis von Tatsachen benannte der Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2011, dem nächstfolgenden Werktag (der 3. Oktober ist als Tag der deutschen Einheit ein gesetzlicher Feiertag), der bei Gericht am selben Tag einging, seine Tochter als Zeugin. Mit Urteil vom 7. Oktober 2011 gab das Gericht der Klage überwiegend statt. Ein substantiierter Vortrag des Beklagten sei erst mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2011, und damit nach Ablauf der Schriftsatzfrist am 1. Oktober 2011, erfolgt.
Der verwunderte Beklagte wehrte sich dagegen mit Anhörungsrüge. Sein am 4. Oktober 2011 eingegangener Schriftsatz sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Denn nach dem Wortlaut des § 222 Abs. 2 ZPO ende die Frist mit Ablauf des ersten Werktags, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend falle. Das Amtsgericht wies die Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Die Schriftsatzfrist sei abgelaufen gewesen. Die gesetzte Frist sei eine datierte Frist. Darauf sei § 222 Abs. 2 ZPO nur anzuwenden, wenn der Fristablauf auf einen Sonn- oder Feiertag falle.
Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerde für offensichtlich begründet. Es führt dazu aus:
„Die Regelung des § 222 Abs. 2 ZPO gilt nach einhelliger Meinung unabhängig davon, ob die Frist, deren Ende zu bestimmen ist, berechnet oder datiert ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Juni 1978 – VIII ZR 127/76 -, juris, Rn. 6, 7, 9 m.w.N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl. 2014, § 222 Rn. 2; Gehrlein, in: Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 222 Rn. 6; Stadler, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 222 Rn. 1; Gerken, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 222 Rn. 14; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2005, § 222 Rn. 11; bei den nach der Auflage von 2013 oder 2014 zitierten Kommentaren ebenso jeweils auch bereits die früheren, zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen verfügbaren Auflagen).
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 1982 (BVerfGE 61, 119), auf die das Amtsgericht sich durch Verweis auf eine sie zitierende Kommentarstelle beruft, folgt nichts Gegenteiliges (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. August 2013 – 2 BvR 425/12 -, juris, Rn. 14). Schon angesichts des Wortlauts der kommentierten Vorschrift, die sich eindeutig auch auf Fristen bezieht, deren Ende auf einen Sonnabend fällt, hätte für das Gericht Anlass bestanden, der Frage nachzugehen, ob und warum der Fall, in dem das Ende der datierten Frist auf einen Sonnabend fällt, anders zu behandeln sein sollte als der Fall einer datierten Frist, deren Ende auf einen Sonn- oder Feiertag fällt. Eine unterschiedliche Behandlung lässt sich auch nicht mit den Motiven rechtfertigen, die den Gesetzgeber dazu bewegten, in den Anwendungsbereich der Regelung des § 222 Abs. 2 ZPO auch Fristen einzubeziehen, deren Ende auf einen Sonnabend fällt. Denn damit sollte lediglich den im Rechtsverkehr aufgetretenen Unzuträglichkeiten Rechnung getragen werden, die mit der Einführung der Fünf-Tage-Woche für weite Kreise der arbeitenden Bevölkerung einhergegangen waren (vgl. BTDrucks 4/3394, S. 3). Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Gründe für datierte Fristen nicht gelten sollten.
2. Das Urteil des Amtsgerichts vom 7. Oktober 2011 beruht auf dem Gehörsverstoß. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das Gericht zu einer anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre, wenn es dessen Schriftsatz vom 4. Oktober 2011 berücksichtigt hätte. Das Urteil unterliegt infolgedessen der Aufhebung, und die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Amtsgerichts über die Anhörungsrüge vom 15. November 2011 wird damit gegenstandslos.“
Und die Moral von der Geschicht? blind zitiere besser nicht.
ws
Vor knapp zwei Wochen erst hatte Wulff bei der Berliner Mahnwache für die Terroropfer von Paris mit seinem Auftritt in der ersten Reihe Erstaunen ausgelöst. Nun vertrat der Bundespräsident a.D. Deutschland bei der Trauerfeier für den saudischen König Abdullah in Riad.
Wir fragen uns, wo man sich für solche Einsätze bewerben kann. Denn nach Focus online vom 30.01.2015 hat eine Umfrage ergeben, dass Frauen Wulff gerne öfter im offiziellen Rahmen sehen würden. Andererseits sind so kleine Reisen ja auch nicht zuviel verlangt, für den Ehrensold von 217 TEUR p.a.
Dabei ist ein wenig aus dem Fokus geraten, dass wir ja durchaus eine beachtlich Auswahl an Ex- Präsidenten und Ex – Außenministern gehabt hätten. Man hätte ja auch Hans-Dieter Genscher entsenden können oder altersentsprechend Walter Scheel (der hätte nur nicht „Hoch auf dem gelben Wagen“ singen dürfen) , oder Guido Westerwelle. Was also waren die Kriterien für die Wahl? Und muss so etwas nicht (europaweit) ausgeschrieben werden? Wie auch immer, wir werden uns jetzt einmal an Frau Dr. Merkel wenden. Denn die soll den Präsidenten a.D. ja entsandt haben. Wenn es stimmt, dass Bettina W. nur wegem der mit dem Amt verbundenen Reputation First Lady neben (besser bei oder mit) Wulff war, dann wäre jetzt, angesichts der Rehabilitation von Wulff, der Weg für die Rückkehr geebnet.
ws
Der Ex-Bundespräsident kommt wohl vorerst noch nicht zur Ruhe. Wie bereits vor Urteilsverkündung durch Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer angedeutet, legte die Staatsanwaltschaft Hannover nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur beim Landgericht Hannover am vergangenen Mittwoch Revision gegen den Freispruch von Christian Wulff ein. Eine inhaltliche Begründung gab es bisher noch nicht, doch die Staatsanwaltschaft gibt nicht auf:
Hintergrund war ein Prozess gegen den Ex-Bundespräsidenten, in dem die Staatsanwaltschaft ihm zur Last gelegt hatte, als Ministerpräsident von Niedersachsen Vorteile im Amt angenommen zu haben. Dabei handelt es sich um einen Wert von 720 €, der durch Hotel- und Bewirtungskosten im Rahmen eines Oktoberfestbesuches 2008 durch den befreundeten Filmfinancier David Groenewold beglichen wurde. Anschließend soll Christian Wulff ein Projekt Groenewolds bei dem Konzern Siemens beworben haben. Vor kurzem wurde er vom Landgericht Hannover freigesprochen.
Der dritte Staatssenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe hat nun zu entscheiden, ob der Korruptionsprozess gegen Wulff erneut aufgerollt wird. Nachzuweisen sind durch die Staatsanwaltschaft mögliche Verfahrensfehler des Landgerichts Hannover, damit die Revision Aussicht auf Erfolg hat. Wulffs Verteidiger sehen diesen Argumenten gelassen entgegen. Die Anwälte Bernd Müssig und Michael Nagel halten einen Erfolg der Revision für unwahrscheinlich.
JB
Am 27. Februar 2014 ist – hoffentlich endgültig – mit dem Freispruch eine Hetzjagd der Behörden zu Ende gegangen. Hier soll nicht diskutiert werden, ob der Betrag von rd. 750 EUR den Aufwand wert war, oder ob Wulf nicht hätte zurücktreten müssen. Hier geht es um die rechtliche Dimension. Herrn Wulf jedenfalls ist es zu verdanken, dass die von vielen freiheitlichen Juristen mit Sorge betrachte „Freiheit“ der Ermittlungsbehörden kritisch in die Öffentlichkeit getragen wird. Es ist heute gängige Praxis, dass Steuerfahnder für Richter Haftbefehle vorformulieren und von ihnen ausstellen lassen. Verwundert nimmt man dann zur Kenntnis, dass der Richter „von Steuerrecht keine Ahnung hat“. Die Frage, wie er denn dann hat prüfen können, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls vorlagen, kann man getrost so beantworten, dass er das wohl kaum konnte. Erschreckend daran: es interessiert niemanden und ist „normal“. Der Gedanke, dass Untersuchungshaft dann wohl nicht selten eine unzulässige Erzwingungshaft ist, liegt dann nicht fern.
Herrn Edathy kannte bis zu dem Eklat kaum jemand. Jetzt ist sein Ruf unrettbar verloren. Wenn man dann lesen muss, dass einem leitenden Staatsanwalt Lügen vorgeworfen werden, und der Vorwurf auch noch haltbar erscheint, dann ist das schon ein Stück aus dem Tollhaus.
Überhaupt kann man den Eindruck gewinnen, dass die Behörden den Datenschutz in diesem sensiblen Bereich der Ermittlungsverfahren nicht besonders ernst nehmen oder gar bewusst verletzen. Wie ist es sonst zu erklären, dass Selbstanzeigen, die dem strafrechtlich bewehrten Steuergeheimnis unterliegen, bekannt werden. Wir denken an Herrn Hoeneß, Frau Schwarzer, Herrn Linssen und viele andere, die zu Opfern dieser Kampagnen werden. Und bei Herrn Linssen wird die Presse auch nicht müde zu betonen, dass das Verfahren zwar eingestellt sei, aber man ja nicht wisse, ob nicht trotzdem etwas an den Vorwürfen dran sei. Unschuldsvermutung und Resozialisierung sind in den Bereichen, in denen sich die Presse und die von ihnen angestachelte Meute auf im Regelfall prominente Menschen stürzen, offenbar ein Fremdwort.
Und wenn der Spiegel in seiner Aussage der Allmacht der Staatsanwaltschaften in der Ausgaben vom 24.02.2014 den Titel und Hauptartikel widmet, dann muss es und allen Ernst mit dem Thema sein. Setzen wir ein Zeichen und nehmen wir die Behördenwillkür nicht mehr hin. Und das betrifft nicht nur Ermittlungsverfahren. Das beginnt bei Betriebsprüfern, die unfreundlich bis unverschämt auftreten und dann versuchen, die Steuerbürger zu faulen Kompromissen zu zwingen. Es geht hier um nicht weniger, als den Rechtsstaat herzustellen.
ws
Musik ist (eigentlich) schön und daher zu Recht (grundsätzlich) ein Kulturgut. Das gilt aber nur dann, wenn man selbst musiziert oder die freie Wahl hat, wann man Musik hören will, und um welche Musik es sich dabei in welcher Lautstärke handelt. Wer sich aber auf das erste Staatsexamen im Fach Rechtswissenschaften oder auf einen wichtigen Termin vorbereitet, wird sicher nicht sehr erfreut darüber sein, dass in der über seinem Zimmer liegenden Wohnung nicht nur 2 Stunden (mehr oder weniger zusammenhängend) am Tag Klavier geübt wird, sondern die in der Wohnung lebenden Kinder offensichtlich einen großen Spaß daran haben, immer wieder einmal zwischendurch an das Klavier zu gehen und zwischen 5 und 20 s wie von Sinnen auf die Tastatur des Klavier einzuhämmern. Die Freude wächst ins exponentielle, wenn die darauf angesprochenen Eltern (Lehrer oder Sozialwissenschaftler) das Wirken ihrer Kinder für pädagogische besonders wertvoll und geradezu notwendig bewerten.
Hier ist juristischer Rat oft vergebens. Wer in Ruhe leben und vermeiden möchte, mit den Füßen voraus aus der Wohnung getragen zu werden, der ist gut beraten, sich rechtzeitig eine neue Bleibe zu suchen.
Das aber ist leider allen Menschen möglich. Das Musizieren in Häusern mit mehreren Wohnungen hat daher wiederholt die Gerichte beschäftigt. Wie bei fast allen Miet- und Nachbarschaftsstreitigkeiten nehmen die Auseinandersetzungen in diesem Bereich sehr schnell heftige Züge an. Nicht selten gehen die Beteiligten auch physisch aufeinander los. Verständlich: geht es im Kern doch darum, das eigene Territorium zu verteidigen. Die Musizierenden halten mit der Musik die Fahne des Kulturgutes hoch und beschimpfen alle anderen schnell als Banausen, die von katzenartiger Violinenmusik geschundenen armen Mitbewohner dagegen sprechen von Lärm und Ruhestörung.
Der BGH entschied jetzt mit Urteil vom 10. April 2013 (VIII ZR 213 / 12, NJW 2013, 1806) kurzerhand, dass die Erteilung von Gitarrenunterricht in einer Wohnung ohne Erlaubnis des Vermieters einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellt. Den Räumungsanspruch hielt der BGH für begründet. Das Argument des Mieters, es habe eine Pflicht des Vermieters bestanden, die Erlaubnis für den Gitarrenunterricht zu erteilen, überzeugte den BGH nicht. Eine daraus abgeleitete Pflicht des Vermieters, eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume für den Gitarrenunterricht zu dulden, kommt nach dem BGH nur in Betracht, wenn von dem Gitarrenunterricht keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung. Diese Voraussetzung konnte der BGH im entschiedenen Fall nicht erkennen.
Die Mitmieter wird die Entscheidung freuen, bei dem Gitarrenspieler wird sie Katzenjammer verursacht haben.
ws
Eins vorweg: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass jeder die von ihm geschuldeten Steuern zahlt. Was Journalisten im Zusammenhang mit auf offshore-leaks herausgefunden haben, bewegt die Gemüter der Menschen zu recht. Das Ganze wird durch eine sachlich völlig falsche Berichterstattung negativ beeinflusst. Bei jedem Leser muss eine solch inkompetente Berichterstattung zu dem Schluss führen: wer reich ist, ist ein Verbrecher. Dabei wird völlig ausgeblendet, dass es in Deutschland eine sehr strenge Steuergesetzgebung gibt, die das von den Medien suggierte einfache Verlagern von Einkünften in Steueroasen, um es nicht in Deutschland zu versteuern, unmöglich macht. Es ist daher reiner Aktionismus, wenn das Finanzministerium in Deutschland eine neue Steuerpolizei nach dem Vorbild des FBI fordert. Absoluter Blödsinn.
Das deutsche Steuerrecht ist seit dem Jahr 1970 u.a. mit dem Außensteuergesetz (AStG) ausgestattet. Die deutsche Finanzverwaltung interessiert sich danach, vereinfacht gesagt, überhaupt nicht dafür, wie das Steuerrecht anderer Staaten bestimmte Einkünfte besteuert. Wer in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (die Anforderungen dafür sind gering – siehe Boris Becker), der ist mit seinem gesamten Welteinkommen steuerpflichtig, und zwar unabhängig davon, ob er es hier oder in einer Steueroase erzielt. Die §§ 7 bis 14 ff. AStG verhindern zudem, dass Einkünfte über inaktive Gesellschaften in Steueroasen dem Zugriff des deutschen Rechts entzogen sind. Wer etwas anderes behauptet, hat keine Ahnung und setzt sich dem Verdacht aus, nicht zu berichten, sondern billig zu polemisieren. Ausnahmen von diesem Welteinkommensprinzip gibt es nur in so genannten Doppelbesteuerungsabkommen. In diesen Abkommen verzichtet die Bundesrepublik Deutschland – nach international üblichen Standards – bewusst auf die Besteuerung bestimmter Einkünfte. Das aber ist kein Verlust, sondern trägt nur dem Umstand Rechnung, dass Einkünfte nicht in zwei Staaten – doppelt – besteuert werden dürfen.
Die von den Medien jetzt fast schon perfide einer breiten Öffentlichkeit suggerierte Möglichkeit insbesondere „reicher Personen“ (allein das ist offenbar schon etwas, wofür man sich schämen soll), durch die Verlagerung von Vermögen in Steueroasen in Deutschland legal Steuern sparen zu können, ist vereinfacht gesagt absoluter Blödsinn. Ein genauso großer Blödsinn ist es zu behaupten, dass trickreiche Anwälte (als Kriminelle) dazu beitragen würden, dass reiche Personen in Deutschland Steuern, die sie eigentlich zahlen müssten, nicht zahlen. Richtig ist vielmehr, dass auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anerkannt ist, dass Steuerpflichtige ihre Lebensverhältnisse nicht so einrichten müssen, dass sie möglichst viel Steuern zahlen. Jeder Steuerpflichtigen ist im Rahmen der Rechtsordnung berechtigt, seine Verhältnisse so zu gestalten, dass er möglichst wenig Steuern bezahlt. Das macht auch hierzulande im Übrigen jeder Arbeitnehmer. Es ist daher fatal, wenn die Medien bei einer breiten Bevölkerung den Eindruck erwecken, dass es anstößig oder sogar kriminell sei, seine steuerlichen Verhältnisse möglichst günstig zu gestalten. Die Ursache für dieses Streben kann die öffentliche Hand schnell finden. Es sind Projekte wie der Flughafen Berlin und die dort gezeigte Inkompetenz, für die wir alle unsere Steuergelder hergeben. Den Medien, die einen solchen Unsinn verbreiten, sei empfohlen, sich zunächst einmal über die Rechtslage kundig zu machen, bevor über solche Themen mit erhobenem Zeigefinger geschrieben wird.
Bei einer solchen Art der Berichterstattung gerät auch schnell aus dem Blickfeld, dass die Finanzverwaltung in Deutschland nicht selten völlig unangemessen agiert. Vor gar nicht allzu langer Zeit musste der Bundesfinanzhof eine Prüfungsanordnung, gerichtet gegen einen Rechtsanwalt, aufheben. Grund: es war aktenkundig geworden ist, dass der Rechtsanwalt nur deshalb geprüft werden sollte, um Druck auf ihn auszuüben. Der Rechtsanwalt hatte nämlich einen Finanzbeamten gegen seinen Chef, den Vorsteher eines Finanzamtes, in einer dienstlichen Auseinandersetzung vertreten. Da sollte der Anwalt mal einfach „abgestraft“ werden. Es ist geradezu ungeheuerlich, so etwas, das eher in eine Bananenrepublik passt, lesen zu müssen.
Noch ungeheuerlicher wird es, wenn Steuerpflichtige mit ansehen müssen, wie die geballte Staatsmacht in Form der Steuerfahndung über sie herfällt und niemand sich für einen unangemessenen Einsatz entschuldigt. Wir denken hier auch an Herrn Zumwinkel, bei dessen Verhaftung die Presse schon vor Ort war. Herr Zumwinkel wird das sicher nicht initiiert haben. Offensichtlich soll hier der Zweck die Mittel heiligen. Das aber erinnert mich fatal an längst vergangene Zeiten, die hoffentlich niemand mehr haben möchte. Wer also gebietet diesem Treiben Einhalt?
ws
Wir hatten bereits darüber berichtet, dass ein Anwalt, nennen wir ihn Herrn H., den man nicht mehr als Kollegen bezeichnen möchte, in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Detmold in schamloser Weise und ohne Rücksicht auf das Gericht und den Terminkalender der übrigen am Prozess beteiligten Personen einen lange Zeit im Voraus angesetzten Termin torpediert hat. Unserer mehrfach über das Gericht an ihn gerichteten Bitte, die von ihm behauptete Terminkollision und den zeitlichen Ablauf nachzuweisen, hat der „nicht mehr Kollege“, wie zu erwarten war, nicht entsprochen. Stattdessen hat er lapidar mitgeteilt, dass sich seine Mandantin in Insolvenz befände und er das Mandat niedergelegt habe. Aha, das also war der Sinn der Taktik: der Mandant wollte kein Urteil kassieren.
Jede Rechtsanwältin / jeder Rechtsanwalt ist ein Organ der Rechtspflege und sollte es als seine verdammte Pflicht betrachten, sich auch so zu verhalten, dass er den einem solchen Organ geschuldeten Respekt auch verdient. Wer aber als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin die einseitige Interessenvertretung der Mandanten meint, so interpretieren zu müssen, dass diese Interessenvertretung ohne Rücksicht auf Verluste erfolgt und der Zweck den Einsatz jedes Mittels bis hin zur Lüge heiligt, der erweist der gesamten Anwaltschaft einen Bärendienst. Denn, man kann es nicht anders sagen, mit einem derart schädigenden Verhalten läuft die ganze Anwaltschaft Gefahr, in den Dreck gezogen zu werden.
Wir als Rechtsanwälte / Rechtsanwältinnen erwarten nicht nur von den Mandanten, sondern auch von den übrigen am Prozess Beteiligten, mit Anstand behandelt und respektiert zu werden. Trotz allem Engagement in der Sache sind dabei Spielregeln einzuhalten. Dazu gehört es zumindest, nicht zu lügen.
Das mit der Sache befasste Gericht soll zu Recht darauf vertrauen dürfen, dass Anträge auf Terminsverlegung wirklich nur dann gestellt werden, wenn die Terminkollision tatsächlich besteht. Wer als Rechtsanwalt / Rechtsanwältin so derart einfache Regeln nicht einzuhalten im Stande ist oder, was noch schlimmer ist, sich bewusst darüber hinwegsetzt, der hat in unseren Augen jede Achtung verloren.
Ich störe mich immer wieder daran, wenn ich Richter oder Richterinnen sehe, die nachlässig oder ungepflegt angezogen sind, oder die meinen, sich mit aufgestützten Armen am Richtertisch herumlümmeln zu dürfen. Den Damen und Herren ist unverständlicherweise wohl überhaupt nicht bewusst, welchen Schaden das Ihnen anvertraute Amt durch diese Art des Auftritts nimmt. Dieses monitum gilt aber nicht nur für die Richterbank, sondern in gleicher Weise auch für die Anwaltschaft. Auch hier gelten einfache Regeln: Kleider machen Leute. Und höfliches Benehmen, gute Manieren und ein höflicher Umgangston erfordern keinen großen Aufwand. Man kann das zur Not auch als Erwachsener noch lernen. Flegelhaftes Benehmen allein ist jedenfalls kein Zeichen von Jugendlichkeit.