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Zu den (starken) Rechten eines Kommanditisten in der KG

In einer Kommanditgesellschaft (KG) sind die Rechte und Pflichten klar verteilt. Der persönlich haftende Gesellschafter („Komplementär“) übernimmt die Geschäftsführung und haftet unbeschränkt, während der Kommanditist nur beschränkt haftet und von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. ​Was aber ist, wenn der Kommanditist die Vermutung oder gar konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Komplementär pflichtwidrig zum Schaden der KG handelt?

Einsichts- und Auskunftsrechte des Kommanditisten

Gemäß § 166 Abs. 1 HGB hat der Kommanditist das Recht, eine Abschrift des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit durch Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft zu prüfen. Dieses Recht kann im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen oder unzulässig beschränkt werden

Bei konkreten Anhaltspunkten für unredliche Geschäftsführung steht dem Kommanditisten zudem ein außerordentliches Kontrollrecht zu. Dieses erlaubt es ihm, unabhängig vom Jahresabschluss jederzeit Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs einzuholen und die entsprechenden Unterlagen der Gesellschaft einzusehen. ​

Verdacht auf Pflichtverletzungen des Komplementärs

Bei konkreten Anhaltspunkten für unredliche Geschäftsführung steht dem Kommanditisten ein außerordentliches Kontrollrecht zu. Dieses erlaubt es ihm, unabhängig vom Jahresabschluss jederzeit Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs einzuholen und die entsprechenden Unterlagen der Gesellschaft einzusehen. ​

Wenn der Kommanditist den Verdacht hat, dass der Komplementär z.B. Kunden der KG auf ein ihm allein gehörendes Unternehmen überträgt oder Gelder der KG zweckwidrig verwendet, sollte er folgende Schritte in Erwägung ziehen:​

  1. Ausübung des außerordentlichen Kontrollrechts: Der Kommanditist sollte zunächst sein außerordentliches Kontrollrecht nutzen, um detaillierte Informationen über die Geschäftsführung und die finanziellen Transaktionen der KG zu erhalten.​
  2. Einschaltung eines Anwalts: Ein spezialisierter Anwalt kann den Kommanditisten dabei unterstützen, diese Informationen zu erhalten und die Informationen zu bewerten und weitere rechtliche Schritte vorzubereiten.​
  3. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen: Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, kann der Kommanditist Schadensersatzansprüche gegen den Komplementär geltend machen. Häufig wird auch der Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllt sein.​
  4. Antrag auf Ausschluss des Komplementärs: Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann der Kommanditist beim zuständigen Gericht den Ausschluss des Komplementärs aus der Gesellschaft beantragen. Ein solcher Ausschluss setzt jedoch das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. ​

Rechtsprechung zur Stärkung der Informationsrechte

Die Rechtsprechung hat die Informationsrechte des Kommanditisten in den letzten Jahren gestärkt:​

  • BGH-Beschluss vom 14. Juni 2016 (Az.: II ZB 10/15): Der Bundesgerichtshof entschied, dass dem Kommanditisten bei Vorliegen von Anhaltspunkten für unredliche Geschäftsführung ein außerordentliches Kontrollrecht zusteht. Dieses Urteil stärkt die Position des Kommanditisten hinsichtlich seiner Informationsrechte. ​
  • BGH-Beschluss vom 12. Januar 2016 (Az.: II ZB 23/14): In diesem Beschluss wurde klargestellt, dass das Informationsrecht des Kommanditisten nicht auf die Prüfung des Jahresabschlusses beschränkt ist, sondern auch darüber hinausgehende Auskünfte umfasst, sofern ein berechtigtes Interesse besteht. ​

Der typisch stille Gesellschafter und das Steuerrecht (FG München, Urteil vom 19.03.2024, 6 K 820/21)

Das Steuerrecht ist meist nicht ganz so einfach wie das Zivilrecht. das gilt auch für die stille Gesellschaft. Während das Zivilrecht nur die stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB) kennt und diese Gesellschaft wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit weitgehend frei gestaltet werden darf, ist das Steuerrecht anders: es kennt, je nach Ausgestaltung des Vertrages, den sgenannten typisch stillen Gesellschafter einerseits und den atypisch stillen Gesellschafter andererseits. Der typisch Stille erzielt Überschusseinkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der atypisch Stille ist Mitunternehmer und erzielt Gewinneinkünfte aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB nimmt der stille Gesellschafter an dem Verlust nur bis zum Betrag seiner Einlage teil. Was aber passiert mit einem rechnerisch auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteil, der die Einlage des Stillen übersteigt? Und weiter: was passiert steuerrechtlich, wenn der Stille aus der Gesellschaft ausscheidet, mit dem auf ihn entfallenden neagativen Konto, das seine Einlage überstiegen hat?

Zivilrechtlich ist die Frage einfach: Der stille Gesellschafter haftet dafür nicht.

Steuerrechtlich hatte sich damit das Finanzgericht München in seinem Urteil vom 19.03.2024 (FG München, Urteil vom 19. März 2024 – 6 K 820/21, juris) zu befassen.

Das Finanzgericht kommt zu dem Ergebnis, dass das negative Einlagenkonto des still Beteiligten, das unter der Position „sonstige Vermögensgegenstände“ bei der GmbH bilanziert ist und mit dem das Entstehen und die Entwicklung der dem stillen Gesellschafter zuzuweisenden Verlustanteile, die über seine Einlage hinausgingen, abgebildet wurden, nicht auf die GmbH übergeht. Die bisher dem stillen Gesellschafter zugewiesenen Verlustanteile, die bei dem Stillen zu einem negativen Einlagenkonto geführt haben, sind beim stillen Gesellschafter gem. §§ 9, 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 15a EStG als Werbungskosten bei der Ermittlung der Kapitaleinkünfte zu berücksichtigen.

Die GmbH als Geschäftsinhaber kann das bei der GmbH bilanzierte negative Einlagenkonto des still Beteiligten nicht gewinnwirksam ausbuchen.

Auch wenn die GmbH als Geschäftsinhaber mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters die tatsächlich entstandenen betrieblichen Verluste wirtschaftlich endgültig zu tragen hat, sieht das Gesetz eine „Überleitung“ der dem stillen Gesellschafter zugewiesenen Verluste auf den Geschäftsinhaber nicht vor. Die Verluste des stillen Gesellschafters können nur von diesem steuerlich geltend gemacht werden. Ob sich diese Verluste beim stillen Gesellschafter steuerlich auswirken, ist für einen Ansatz beim Geschäftsinhaber nicht erheblich.

Was bedeutet das im Ergebnis für die Praxis? Der typisch stille Gesellschafter trägt die Verluste nur bis zu dem Betrag seiner Einlage. Darüber hinausgehende Verlustanteile werden dem stillen Gesellschafter zwar zugerechnet. Sie wirken sich aber bei dem stillen Gesellschafter zunächst nicht aus. Er kann diese Verlustanteile aber mit künftigen Überschüssen aus der stillen Gesellschaft verrechnen. In der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers mindern diese rechnerisch auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteile nicht den Jahresfehlbetrag des Geschäftsinhabers.

Steuerrechtlich werden die über den Betrag der Einlage hinausgehenden und nach § 15a Abs. 4 EStG gesondert festzustellenden Verlustanteile dem stillen Gesellschafter zugerechnet.

Wird die stille Gesellschaft beendet und besteht ein nicht ausgeglichener Verlustanteil des stillen Gesellschafters, dann trägt der Geschäftsinhaber endgültig die bislang dem stillen Gesellschafter zugerechneten Verlustanteile. Dessen Einkünfte sind entsprechend zu reduzieren.

Bei dem stillen Gesellschafter dagegen gleichen sich die Einkünfte aus dem Wegfall eines die Einlage übersteigenden Verlustes mit dem verrechenbaren Verlustvortrag nach § 15a EStG aus, so dass sich bei dem stillen Gesellschafter im Regelfall keine steuerrechtlichen Konsequenzen ergeben.

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts München ist bei dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 18/24 ein Revisionsverfahren anhängig.

Das Kammergericht vom 31.07.2015 (Beschluss, 22 W 67/14): die UG (haftungsbeschränkt) – Gründungskosten entsprechen Stammkapital

91010_WS schwarz weißDie Gründungsgesellschafter einer UG vereinbarten in ihrem Gesellschaftsvertrag, dass das Stammkapital eine Höhe von 1.000 € aufweisen soll, und dass die Gründungkosten die gleiche Summe betragen dürften. Das Amtsgericht verweigerte die Eintragung der UG (haftungsbeschränkt).

Es vertrat die Auffassung, dass die Höhe der Gründungskosten nicht angemessen sei, und dass von Anfang an die Gefahr einer Überschuldung bestünde.

Das Kammergericht dagegen sah das mit Beschluss vom 31.07.2015 anders. Die Eintragung einer Gesellschaft dürfe nur nicht den Schutz der Gesellschaftsgläubiger oder öffentliche Interessen gefährden. Nach dem Kammergericht seien die Gläubiger jedoch geschützt, denn bei der Eintragung wird die Firmierung als UG „haftungsbeschränkt“ bekannt gegeben. Durch diese Bezeichnung und die Bekanntgabe des Stammkapitals sowie der Gründungskosten seien für jeden Gläubiger die Risiken erkennbar.

Die Registergerichte sehen dies unterschiedlich. Sie tragen GmbHs mit Gründungskosten von rund 10% des Stammkapitals ohne Nachweis ein. Bislang war eine Höhe von 100% des Stammkapitals für die Gründungskosten einer UG auch als zulässig angesehen worden, solange Stammkapital und Gründungskosten nicht über 300 € lagen; eine Angemessenheitsgrenze gibt es jedoch nicht. Die Registergerichte befürchten eine sofortige Insolvenz nach Gründung bei Gründungskosten von 100% des Stammkapitals, wenn keine weiteren Betriebsmittel zugeführt werden (können).

Diese Diskussion konnte bislang noch nicht abgeschlossen werden, da sie noch nicht durch den BGH geklärt wurde. Andere Gerichte entschieden sich bisher für eine Höhe der Gründungskosten von 60 bis maximal 70 % des Stammkapitals, OLG Hamburg und OLG Celle.

OLG Hamburg 11 W 19/11:          18.03.2011
OLG Celle 9 W 124/14:                  22.10.2014

ws

VORSICHT STEUERFALLE – der gefährliche (weil steuerrechtlich „teure“) Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils, die Vorzüge der GmbH, und ein denkbarer Ausweg? Zum Urteil des FG Düsseldorf vom 22.10.2013 zu einem oft verkannten Thema

Es geht meist um viel Geld. Werden Beteiligungen – gleich ob an Personen – oder Kapitalgesellschaften – verkauft, wird steuerlich ermittelt, ob ein Gewinn oder Verlust entstanden ist. Ausnahme: der Verkauf von Beteiligungen an Personengesellschaften, die nur Überschußeinkünfte erzielen, ist steuerlich nicht relevant; Gegenausnahme: das Spekulationsgeschäft nach § 23 EStG. Ermittelt wird der Gewinn / Verlust durch die einfache Rechnung: Verkaufspreis minus Anschaffungskosten. Das ist simpel, hält aber dennoch ein paar Fallstricke bereit, die in der Praxis gerne übersehen werden.

Bei GmbH – Anteilen ist es beliebt, mehrere Anteile eines Inhabers zu einem Anteil zusammen zu legen. Gesellschaftsrechtlich kein Problem, steuerlich schon, jedenfalls dann, wenn die Anteil unterschiedlich hohe Anschaffungskosten haben. Beispiel: A hält seit Gründung einen Anteil Nr. 1 an einer GmbH im Nennwert = Anschaffungskosten von 10 TEUR. Später kauft A von dem B dessen Anteil Nr. 2 von 5 TEUR für 1,0 Mio. EUR hinzu. Nach  Abtretung von B an A legt A auf Anraten des Notars die beiden Anteile von 10 TEUR und 5 TEUR zu einem Anteil 15 TEUR zusammen.

Vier Jahre später bietet ein Investor dem A für einen Anteil von 5 TEUR 1,5 Mio. EUR als Kaufpreis. A verkauft an den Investor zu dem Preis. Hätte A die Anteile nicht zusammengelegt, hätte A die Wahl gehabt, ob er von dem Anteil Nr. 1 einen Teilbetrag von 5 TEUR oder den Anteil Nr. 2 verkauft. Bei einem Verkauf von Anteil Nr. 2 hätte A 500 TEUR versteuern müssen (1,5 minus 1,0 Mio. EUR), bei einem Verkauf eines Anteils an dem Anteil Nr. 1 hätte A dagegen rd. 1,0 Mio. EUR mehr, nämlich 1,495 Mio. EUR (1,5 Mio. EUR minus 5 TEUR)  versteuern müssen. Dieses  Wahlrecht hat A infolge der Zusammenlegung der Anteile Nr. 1 und Nr. 2 nicht mehr. Dem Verkaufspreis von 1,5 Mio. EUR für einen Anteil von nominell 5 TEUR muss A den Durchschnitt der Anschaffungskosten für den Anteil von 15 TEUR nominell gegenüberstellen. Das sind  in dem Beispiel 335 TEUR für 5 TEUR (15 TEUR nominell = 1,005 Mio. EUR Anschaffungskosten). Der Gewinn, den A also versteuern muss, beträgt dann 1.165,00 TEUR (1,5 Mio. EUR minus 335 TEUR).

Aus steuerlichen Gründen ist es daher sinnvoll, die Anteile nicht zusammenzulegen, um das eben genannte Wahlrecht zu erhalten.

Und wie ist das bei Personengesellschaften? Gesellschaftsrechtlich kann eine Person immer nur eine Beteiligung an einer Personengesellschaft haben. Erhöht sich die Beteiligung eines Gesellschafters durch Kauf oder infolge Ausscheidens eines anderen Gesellschafters, dann entsteht kein neuer Anteil des Gesellschafters. Das bei Kapitalgesellschaften eben beschriebene Wahlrecht gibt es also nicht. Das hat unlängst das FG Düsseldorf mit seiner Entscheidung vom 22.10.2013 (13 K 2696/11 F, EFG 2014, 132) entschieden. Gegen die Entscheidung ist eine NZB bei dem BFH unter Az. VIII B 131/13 anhängig).

Fraglich ist, ob die Entscheidung zwingend ist. Im Steuerrecht gilt zwar der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, im Steuerrecht gibt es aber gesetzlich geregelte Ausnahmen vom Zivilrecht. So ordnet § 39 AO an, dass Wirtschaftsgüter abweichend vom Zivilrecht dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet werden. Vor diesem Hintergrund läge es nahe, einem Gesellschafter einer Personengesellschaft zuzubilligen, seine Anteile „separat“ auf getrennten Konten zu führen, so dass sie nachvollziehbar wären. Das ist in vielen Fällen zwingend geboten, z.B.  im Falles des Nießbrauchs an einem übertragenen Anteil an einer Personengesellschaft. Der Nießbraucher erhält nur den Gewinn, den Verlust trägt der Nießbrauchsbelastete.

Eine weitere Lösung könnte darin liegen, einen Treuhänder einzuschalten, um schon zivilrechtlich das „Zusammenfallen“ mehrerer Beteiligungen zu einer dadurch zu verhindern, dass man „nach außen“ mehrere Gesellschafter hat. Wenn aber dies anerkannt werden sollte, dann sollte auch die von uns favorisierte Lösung der Trennung anerkannt werden. Wir sind gespannt, wie der BFH entscheiden wird.
ws   

Erschreckend: Die GbR ist und bleibt eine gefährliche Rechtsform, insbesondere für Berater

Am Ende einer mehr als 10-jährigen Rechtsentwicklung steht das Urteil des BGH vom 10. Mai 2012 (IX ZR 125/10). Im Kern eigentlich nichts Neues: Alle Gesellschafter einer GbR haften für alles.

Auch wenn der Mandant selbst Rechtsanwalt ist, entbindet dies den beauftragten Anwalt nicht, den Mandanten umfassend zu beraten. Noch viel wichtiger aber: Ein Mandant kann einen Sozius in einer gemischten Sozietät (z.B. aus Steuerberatern und Rechtsanwälten) in Anspruch nehmen, selbst wenn dieser Sozius eine Leistung gar nicht hätte erbringen dürfen. So haftet in einer aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehenden gemischten GbR der Steuerberater also auch in vollem Umfang für Pflichtverletzungen der Rechtsanwälte, obwohl er die von den Anwälten begangenen Berufsfehler nie hätte verursachen oder gar hätte verhindern können.

Die Entscheidung des BGH ist in sich konsequent. Der Mandatsvertrag wird mit der (gemischten) Sozietät geschlossen. Das ist die Folge, wenn man die GbR als rechtsfähig anerkennt.

Und die akzessorische Haftung der Gesellschafter ist ebenso konsequent. Was bleibt, ist das Warten auf die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, der Flucht in Rechtsformen ausländischen Rechts oder der Weg in die GmbH.

In weiterer Konsequenz ist zu befürchten, dass die Prämien der Haftpflichtversicherer aufgrund des größeren Risikos deutlich steigen werden.

Die Rechtsform der GbR ist für Berater brandgefährlich, in jeder Hinsicht: Bestätigung durch Urteil des BGH vom 10. Mai 2012 – IX ZR 125/10

Mit Urteil vom 10. Mai 2012 (IX ZR 125/10) hat der BGH entschieden, dass eine gemischte Sozietät, der neben Rechtsanwälten auch Steuerberater angehören, immer verpflichtet ist, über die Erfolgsaussichten eines von einem Mandanten beabsichtigten Rechtsstreits aufzuklären. Das gilt nach der Entscheidung des BGH auch dann, wenn das Mandat von einer Rechtsanwalts GmbH erteilt wird. Im Streitfall war es sogar so, dass die Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH zugleich Gesellschafter der beauftragten Sozietät waren.

Auch hier gilt der Grundsatz, dass der Mandant sich bei pflichtgemäßer Belehrung beratungsgerecht verhalten hätte, und dem anwaltlichen Rat gefolgt wäre.

Misslich für alle Gesellschafter der beauftragten Sozietät: Für die Verletzung anwaltlicher Beratungspflichten haften nicht nur die Sozien, die Rechtsanwälte sind. Als Gesellschafter der GbR haften auch die Gesellschafter, die Steuerberater sind.

Das Urteil des BGH zeigt einmal mehr, wie gefährlich die Rechtsform der GbR für Berater ist.

GbR kann jetzt auch Komplementärin einer Kommanditgesellschaft sein (OLG Celle vom 27. März 2012)

Dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Gesellschafter einer anderen Gesellschaft sein kann, ist schon lange geklärt. Das hat der BGH bereits am 3. November 1980  II ZB 1/79) entschieden. 1991 wurde erkannt, dass die GbR Mitglied in einer Genossenschaft zu sein (BGH-Beschluss vom 04.11.1991, II ZB 7/91). Und 2001 entschied der BGH (Beschluss vom 16.07.2001, II ZB 23/00), dass eine GbR auch Kommanditistin sein kann. Dabei sind  im Handelsregister neben der GbR auch die zum Zeitpunkt des Beitritts der GbR angehörenden Gesellschafter mit Namen, Geburtsdatum und Wohnort einzutragen.

Bisher noch nicht entschieden war aber, ob die GbR auch Komplementärin einer KG sein kann. Nach einer Entscheidung des OLG Celle vom 27. März 2012 (Aktenzeichen: 9 W 37/12) ist auch diese Frage gelöst. Das OLG  entschied, dass die GbR Komplementärin einer KG sein, und auch in das Handelsregister eingetragen werden kann. Große praktische Relevanz dürfte das Urteil angesichts der geringen Verbreitung von GmbH & Co. GbR aber nicht erlangen.

Die Entscheidung des OLG überrascht  nicht, sie ist eine Konsequenz aus der Rechtsprechung, nach der die GbR auch im Grundbuch eingetragen werden kann.

Streit mit einem Gesellschafter – Letztes Mittel: Die Einziehung von Geschäftsanteilen

Kommt man mit seinem Mitgesellschafter nicht klar und gibt der Mitgesellschafter dazu Anlass, kann man die Gesellschaftsanteile, unter strengen Voraussetzungen, mit Beschluss aller Gesellschafter einziehen. Erhebt der betroffene Gesellschafter dagegen Klage, stellte sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Rechte des betroffenen Gesellschafters als eingezogen gelten. Diese Frage  hat der BGH am 24. Januar 2012 (Az.: II ZR 109/11) entschieden. Danach gilt Folgendes:

„Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird, wird die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam.“

Mit Zustellung des Beschlusses ist der unliebsame Mitgesellschafter also raus aus der Gesellschaft. Wichtiger, wie wir finden, ist aber der zweite Leitsatz der BGH-Entscheidung:

„Die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, haften dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen.“

Bevor man also als Gesellschafter einen Einziehungsbeschluss fasst, sollte man dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft über ausreichend Vermögen verfügt, den auszuschließenden Gesellschafter  abzufinden. Denn ansonsten haftet man als Gesellschafter für die Abfindung, und zwar mit dem Privatvermögen.

Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Fälligkeit von Auseinandersetzungsguthaben bei Ausscheiden aus GbR; Auseinandersetzungsbilanz nicht mehr notwendig.

Der BGH hat seine Rechtsprechung zu Abfindungen im Gesellschaftsrecht geändert. Bislang war die Erstellung einer Abfindungsbilanz Voraussetzung für die Fälligkeit des Abfindungsanspruchs eines ausgeschiedenen Gesellschafters. Mit Urteilen vom 19. Juli 2010 (II ZR 57/09 und 58/09) hat der BGH diese Auffassung aufgegeben. Die Streitfälle betrafen geschlossene Immobilienfonds in der Rechtsform der GbR.