Kategorien-Archiv Die Anwaltschaft

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

EGVP ohne Ende – Pleiten, Pech und Pannen – „feine IT – Strategien für die Justiz“

Über das EGVP und die geringe Akzeptanz hatten wir bereits mehrfaxh berichtet. Von der Justiz, weil sie es praktisch nicht nutzt, nahezu unbemerkt, gab es vor kurzem für die anwaltlichen Nutzer erhebliche Probleme mit dem System, so dass eine Entschuldigung angebracht erschien. Diese erschien u.a. in den per E-Mail versandten Mitteilungen der RAK Hamm:

„4. EGVP, Probleme mit dem Update Version 2.7

Seit dem 29. November 2011 sind im Zusammenhang mit der Einführung der neuen EGVP-Version 2.7.0.1 Probleme aufgetreten. Diese technischen Schwierigkeiten führten teilweise zum völligen Ausfall des EGVP. Betroffen waren insbesondere diejenigen User, die in der Vergangenheit bereits intensiv mit dem EGVP gearbeitet haben. Der DAV hat in der Vergangenheit die Nutzung des EGVP gefordert und ausdrücklich begrüßt, umso bedauerlicher ist es, dass die technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Version aufgetreten sind. Der DAV möchte jedoch darauf hinweisen, dass der Lenkungskreis EGVP für die anwaltlichen User eine ausdrückliche Entschuldigung verfasst hat für die technischen Probleme, die aufgetreten sind. Der Lenkungskreis bittet um Entschuldigung und um Unterstützung seitens der Anwaltschaft in seinem Brief. „

Wir bedauern unsererseits, dass sicher viele Personen mit großer Empathie am EGVP arbeiten, sehen aber mit großer Betroffenheit, wie eine gute Idee einfach blockiert wird. Dabei könnten ohne weiteres allein an Portokosten Millionen von EUR p.a. gespart werden.

Da weiß man, wenn man auf die letzte Seite des og. Briefs klickt, auch nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn die Rechtsunterzeichnerin den Titel „feine IT Strategien für die Justiz“ trägt.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Mit uns müssen Sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen……und hier die Auffassung der Anwaltskammer dazu

Den Spruch fanden wir richtig gut und haben damit einmal geworben, und zwar in bewusster Anspielung auf den Begriff der im  Zivilprozess geltenden „prozessualen“ Wahrheit. Danach ist das wahr, was vorgetragen ist und von der Gegenseite nicht (substantiiert) bestritten wird. Wenn man dabei, wie es sich gehört, bei der Wahrheit bleibt, ist das hohe Schule der Prozessführung. Die Anwaltskammer sah das leider mit weniger Humor und zudem ganz anders. Es werde bei dem rechtssuchenden Publikum der negative Eindruck erweckt, dass man – mit einem geschickten Anwalt – zu Unrecht Recht bekommen könne, ohne es zu haben. Das sei fatal und werfe ein schlechtes Licht auf die Anwaltschaft. Unseren Argumenten wollte die Kammer leider nicht folgen.

Wir würden uns wünschen, dass sich die Kammern mit ähnlicher Intensität einmal um die Kollegen (m/w) kümmern würden, die Mandanten in Prozesse treiben, unsachlich auf Kollegen losgehen und die die einem jedem Anwalt (m/w) obliegende einseitige Interessenvertretung des Mandanten fälschlich als Auftrag deuten, im Namen anderer auf Kollegen und deren Mandanten verbal ohne Sinn und Verstand einzudreschen. Ebenfalls der „Pflege“ bedürften die Kollegen (m/w), die ihre Berufung nicht darin sehen, Mandanten zu beraten, sondern die in ihrer bizarren Paragraphenwelt völlig losgelöst arbeiten, wirtschaftlich nichts bewegen, es wohl aber schaffen, den bereits bestehenden neue hinzuzufügen. Die Dankbarkeit des Publikums dafür wäre den Kammern ebenso sicher wie für die Zulassung vo mehr Humor. Der DAV geht mit seinen teils sehr innovativen Annoncen den richtigen Weg.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Gelesen und gelacht, der praktische Stempel zur Erledigung so mancher Eingangspost II („Haben Sie eigentlich einen Knall?“)

Die guten Manieren sterben aus; da wundert es nicht, wenn Rechtsanwälte im Umgang miteinander nicht zimperlich sind. Die Anwälte sind in dieser Hinsicht sogar privilegiert. Denn es ist ihnen erlaubt, als Vertreter der Interessen ihrer Mandanten die Dinge auch in drastischer Form auf den Punkt zu bringen. Es gibt aber Kollegen, die – vereinfacht gesagt – das Maß nicht halten können und einen derartigen Unsinn schreiben, dass man wirklich versucht ist, auf das eingegangene (oder ausgerdruckte) Schriftgut den Stempel „Gelesen und gelacht“ aufzubringen und an den Absender ohne weiteren Kommentar zu retournieren. Denn eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Elaboraten, die vor Worthülsen nur so strotzen, ist nicht möglich. Allein der Anstand hindert daran. 

Das Anwaltsgericht in Köln (10 EV 2/11) hat jetzt einen Kollegen gerüffelt, der nach Ansicht des Gerichts den Bogen überspannt hat. Er hat einen bei ihm eingegangenen Schriftsatz mit dem handschriftlichen Zusatz „Haben Sie eigentlich einen Knall“ versehen und ohne weiteren Kommentar an den Absender retourniert. Es mag sein, dass der Kollege die notwendige Etikette vermissen ließ. Die Entscheidung blendet aber leider das Verhalten des  Absenders viel zu weitgehend aus. Nach der Entscheidung war es so, dass der Absender dem gerüffelten Kollegen in seinem Schreiben unterschwellig strafbares Handeln vorwarf, indem er schrieb: „Ob der Inhalt ihres Schreibens eine Nötigung zu Lasten meiner Mandantin darstellt, möchte ich an dieser Stelle nicht vertiefen….“  Nach dem Sachverhalt bot das Verhalten des gerüffelten Kollegen für diesen Vorwurf aber keinen Anlass. Wir meinen daher, dass auch der Absender hätte gerüffelt werden müssen.

Es ist ein häufig beobachtbares Phänomen, dass die Qualität der Schriftsätze nicht sehr hoch ist, weil einige Anwälte sich bestenfalls oberflächlich mit den Mandaten befassen und, oft zu Lasten des eigenen Mandanten ihr Heil im Streit statt in der Lösung des Problems suchen. Oft soll dann die Stärke des Ausdrucks die Schwäche oder gar das Fehlen der Argumente überdecken. Da kann es dann schon lästig werden, wenn man in Zivilprozessen auf 30 und mehr Seiten umfassende Schriftsätze ohne Substanz, die „Besinnungsaufsätzen“ gleichen, erwidern muss. 

Im Übrigen gilt auch unter Anwälten die alte Weisheit: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück. Und wer ein kräftiges Echo nicht ertragen kann, der sollte selbst nicht so laut in den Wald schreien. Ach ja, wohlüberlegte Zurückhaltung zeugt nicht von Schwäche, sondern von der Stärke, sich nicht jedem Impuls hinzugeben, sondern zunächst einmal die Dinge zu Ende zu denken, um dann mit der richtigen Strategie an den Start zu gehen. Wer als Anwalt in erster Linie durch lautes „Auftreten“ auffällt, disqualifiziert sich selbst.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Die Zukunft der Anwälte……sieht anders aus als die Gegenwart und sicher noch ganz anders als die Vergangenheit; zugleich ein Votum für QM in der Kanzlei

Während die Globalisierung immer kleinere Unternehmen (be)trifft, teilen sich trotz geringerer Steigerungsraten  immer mehr Anwälte einen auf Deutschland beschränkten und zudem immer kleiner und immer schwieriger werdenden Markt. Was vor Jahren noch undenkbar war, ist heute die Realität: wer sich einen ersten Überblick zu einer Rechtsfrage verschaffen will, schafft das dank der Suchmaschinen sehr schnell. Auch wenn die Ergebnisse nicht immer die besten sind, allein das rechtliche Know-How ist es schon lange nicht mehr, dass die Mandanten zu einem Anwalt treibt. Und selbst  wenn das Image besser geworden sein soll, einen „Rechtsverdreher“ braucht heute niemand. Und wer als Anwalt seinen Mandanten nicht das Gefühl geben kann, Probleme zu lösen, sondern bei dem Mandanten nachhaltig den Eindruck hinterlässt, den bestehenden Problemen nur weitere hinzugefügt zu haben, der wird künftig am Markt chancenlos sein. Hinzu kommt die Unbeweglichkeit der Anwaltschaft, die noch stark an alten Strukturen hängt. Während Steuerberater und Wirtschaftsprüfer schon lange nicht für jeden Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz haben, tun die Anwälte sich damit schwer. Sie hängen noch stark an der „Residenzpflicht“; und selbst im schon vor längerer Zeit eingeläuteten Zeitalter des EGVP kann man noch immer eine Massierung von Anwälten im Umfeld von Gerichten beocbachten.   

Es klingt banal, aber traurigerweise hat es sich noch nicht sehr weit herumgesprochen: auch eine Kanzlei ist ein Unternehmen, in dem es darum geht, Gewinn zu erzielen. Wäre es anders, wäre eine Kanzlei ein Unternehmen der Wohlfahrt. Das aber ist nicht nur in der Köpfen vieler Anwälte noch nicht angekommen, auch bei den Mitarbeitern machen sich nicht viele von ihnen Gedanken darüber, dass das Gehalt nicht vom Himmel fällt. Die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen ist daher oft nicht sehr weit ausgeprägt. An dieser Aussage ändert es auch nichts, dass Anwälte Organe der Rechtspflege sind.  Denn wer am Markt bestehen möchte, der muss erkennen, dass er ein Unternehmen hat, das am Markt um Kunden kämpft, auch wenn diese Mandante heißen. Hier geht es u.a. einmal darum, seinen Kunden Mehrwerte gegenüber der Konkurrenz zu bieten. Das Modell des Anwalts, der meint, er habe „Stammkunden“ (um der sich nicht mehr kümmern müsse, weil er sie ja schon hat), der ist unrettbar ein Auslaufmodell. Denn jeder Mandant kann den Auftrag  jederzeit kündigen.  Und die Mandanten sind heute kritischer denn je. Wer hier gutes Geld fordert, der muss auch sehr gute Arbeit liefern. Nicht (nur) in der Akquisition neuer Mandanten liegt das Heil, einen ebenso hohen Stellenwert hat die Betreuung der bereits betreuten Mandanten.

Das alles macht nur Sinn in einem top durchorganisierten Unternehmen. Dabei ist der Stand der Technik das eine;  an erster Stelle aber steht die für das Anwaltsunternehmen optimale Organisation. Denn die verkürzt Wege, vermeidet Fehler, strafft die Abläufe und verbessert so auch die fachlichen Ergebnisse, Wer sich ständig darüber ärgert, dass seine Akten (physisch oder virtuell) nicht sauber geführt werden, dem fehlt diese Zeit bei seiner fachlichen Arbeit, und die fehlende Lebensfreude merkt er bei der Arbeit, aber auch in der Freizeit.

Viele Anwälte erkennen das Thema oder ahnen, dass die Perpetuierung übernommener Strukturen der falsche Weg ist. Sie schaffen es aber nicht, aus diesem Kreis auszubrechen und einen relaunch  ihres Unternehmens zu starten. Wer aber das Thema und seine Brinsaz erkennt und es anpackt, der wird trotz des enormen Zeitaufwandes, der für eine Retrukturierung notwendig ist, erhebliche Erfolge haben.

Wer sich aber diesen durchaus schwierigen Prozess nicht zutraut oder die Zeit dafür nicht hat, der sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, die die guten Ratschläge aber auch in die Praxis umsetzt. Ein nur theoretisches Konzept, das der Anwalt selbst umsetzen soll, kann man sich sparen. Es wird in der Schublade verschwinden und dort verschimmeln.

Quintessenz: die Frage für die Anwälte ist nicht, ob man sich den beschriebenen Anforderungen stellt, sondern, wie schnell man das machen kann. Denn eins steht fest: wer nichts unternimmt, wird zur großen Masse der Verlierer gehören.  Denn die Zeit wird an ihm vorbeigehen, und zwar gnadenlos.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

„Gelesen und gelacht“ – der neue praktische Stempel für den Posteingang spart viel Papier….

Jetzt mache ich es wahr und werde ihn mir kaufen: den Stempel mit dem Aufdruck „Gelesen und Gelacht„, am besten in leuchtrot. Ihn können wir auf einen nicht unerheblichen Teil unserer Eingangspost aufbringen und die so gekennzeichnete Post ohne weiteren Kommentar an den Absender zurückschicken, wenngleich verbunden mit der Gefahr eines „Rüffels“ durch die zuständige Anwaltskammer. Aber mal ernsthaft, es ist doch nicht selten eine Zumutung, was an haarsträubender Post so ins Haus gelangt. Da fragt man sich, warum es einige Menschen nicht geschafft haben, im Rahmen ihres Studiums wenigstens nur die Grundregeln von Benehmen und Anstand gelernt zu haben. Die inhaltslose verbale Kraftmeierei (notabene: „die Stärke des Ausdrucks kompensiert die Schwäche des Arguments“ – nach Meinung der Urheber von Schriftsätzen ohne Argumente) ist gegen das mit Händen greifbare Unwissen sogar noch die harmlosere Variante. Wenn man aber einen Schriftsatz lesen muss, in dem auf abenteuerlichste Weise versucht wird, aus schwarz weiß zu machen und der Verfasser kein Problem damit hat, sich in ein und demselben Schriftsatz mehrfach zu widersprechen, dann ist es Zeit, den neu erworbenen Stempel zu verwenden: schnell auf den Schriftsatz an exponierter deutlich aufgetragen und an den Absender zurückgeschickt, sollte der Stempel seine Wirkung nicht verfehlen. Aber Vorsicht: Bumerang möglich !!

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Rechtsanwälte als schwarze Schafe II – der Anwalt als Vollstreckungsschuldner – die Abgabe der e.V.

Nach Umfragen soll das Image der Rechtsanwälte in der Wahrnehmung besser geworden sein. Im Alltag ist davon wenig zu spüren, wie das folgende Beispiel eines Kollegen zeigt: Der als Testamentsvollstrecker tätig gewesene Kollege wurde verurteilt, an unseren Mandanten rd. 60 TEUR, die er rechtswidrig und in strafrechtlich relevanter Weise dem Nachlass entnommen hatte, zu zahlen. Das Urteil ist seit einem Jahr rechtskräftig, nachdem das OLG mit deutlichen Worten die Berufung durch Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen hatte.

Seitdem ergangene Aufforderungen, die titulierte Forderung zu zahlen, ignorierte der Kollege konsequent. Pfändungen blieben im Wesentlichen erfolglos, ausgenommen die Pfändung der Ansprüche des Kollegen gegen das Versorgungswerk. Substantiierte Auskünfte zu Vermögen und Einkünften gab der Kollege nicht, er bot nur 25 TEUR zur Abgeltung auf die Forderung an. Zur Begründung führte er u.a. an, dass er praktisch nicht mehr arbeite.   

Gegen die Aufforderung zur Abgabe der e.V. legte der Kollege Rechtsmitel ein und wandte im Wesentlichen ein, dass man ihn nicht zur Abgabe der e.V. auffordern dürfte, weil er dann ja seine Zulassung als Anwalt verlöre. Im Übrigen trug der Kollege wahrheitswidirg vor, er stünde mit uns in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen. Dass der Kollege auch hier wiederholt Fristen vom Gericht  wegen seiner Arbeitsbelastung verlängern ließ (hatte er nicht geschrieben, er hätte keine Arbeit mehr ?), wundert schon gar nicht mehr. Wir erwarten die Entscheidung des Gerichts in der Woche ab dem 23. Mai 2011.     

Man kann nur hoffen, dass die Anwaltskammer dem Kollegen seine Zulassung entziehen wird. Bislang hat sich die Kammer in dieser Sache erstaunlich ruhig verhalten.

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Jeder ist zu etwas nutze, und wenn er nur als schlechtes Beispiel dient….zugleich ein Beitrag zum Umgangston unter Anwälten

„Höflichkeit ist eine Zier, doch besser geht es ohne ihr“,

dachte sich wohl ein Kollege, der uns in dieser Woche schrieb. Er hatte in seinem Zorn aber offenbar vergessen, dass er die Interessen seines Mandanten vertritt und nicht damit beauftragt ist, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen und sich in Verbalinjurieren zu ergehen (oder etwa doch ?). Hätten ihn nicht schon diese Entgleisungen disqualifiziert, dann sicher der Versuch, seinen Schriftsatz um die Androhung strafrechtlicher Verfolgung zu ergänzen. Sic tacuisses, möchte man da dem Kollegen am liebsten zurufen, denn seine Ausführungen zeigen, dass er während des Studiums die Vorlesungen im Strafrecht entweder nicht besucht oder aber nicht einmal in den Grundzügen verstanden hat.  

Im Ergebnis hat er damit seinem Mandanten eine Bärendienst erwiesen. Denn wenn die Stärke des Ausdrucks der reziproke Gradmesser für die Schwäche der Argumente ist, dass ist es um die Argumente des Mandanten, den der Kollege vertritt, denkbar schlecht bestellt.

Er hat sich aber auch selbst einen Bärendienst, und zwar gleich in zweierlei Hinsicht erwiesen: zum einen wird der Mandant früher oder später merken, dass die verbale Kraftmeierei nichts bringt und wird den Kollegen icht mehr mandatieren. Zum anderen kann man Kollegen, die einen derartigen Ton anschlagen, selbst mit gutem Willen nicht mehr ernst nehmen.

Der einizge positive Aspekt: es gibt etwas zu lachen.

Und die Moral von der Geschicht: verfasse Schriftsätze im Zorne nicht