Kategorien-Archiv Agrarrecht

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Die Eigentumsurkunde eines Pferdes – rechtliche Einordnung eines unter Reitern nicht selten überbewerteten Stück Papiers

Random_Coil_Logo_Blog_FacebookPferde sind Lebewesen. Zivilrechtlich sind für sie dennoch die Vorschriften für Sachen entsprechend anzuwenden, wobei die Vorschriften des Tierschutzes zu beachten sind (§ 90a BGB). Für jedes Pferd gibt es einen sogenannten Equidenpass. Der Equidenpass ist ein Identitätsdokument für Pferde, das zur Umsetzung der EU-Verordnung 504/2008 eingeführt wurde. Der Equidenpass wird auf Antrag des Eigentümers durch die Zuchtorganisation, bei der das betroffene Pferd eingetragen ist, ausgestellt. Bei nicht eingetragenen Turnierpferden ist in Deutschland die Deutsche Reiterliche Vereinigung für die Ausstellung zuständig, für alle übrigen Pferde erfolgt dies durch die Organisationen, die von der Veterinärverwaltung des Bundeslandes damit beauftragt wurde. 

Neben dem Equidenpass gibt es noch die sogenannte „Eigentumsurkunde“. Die Eigentumsurkunde wird von dem jeweiligen Zuchtverband ausgestellt. Angeblich soll es nur für rund die Hälfte der Pferde in Deutschland eine solche Eigentumsurkunde geben. Der Begriff “ Eigentumsurkunde“ legt vom Wortlaut her die Vermutung nahe, dass der Inhaber dieser Eigentumsurkunde auch der Eigentümer des Pferdes ist. Gerade aber das ist, wie sich schon aus dem Text der Eigentumsurkunde selbst ergibt, nicht der Fall. In den zugegebenermaßen recht klein links unten in der Eigentumsurkunde abgedruckten Erläuterungen heißt es wörtlich: „Die Eigentumsurkunde steht demjenigen zu, der auch Eigentümer des Pferdes i.s.d. BGB ist„. Das bedeutet: nicht der Inhaber der Eigentumsurkunde ist auch Eigentümer des Pferdes, sondern genau umgekehrt: Der Eigentümer des Pferdes hat das Recht darauf, die Eigentumsurkunde in Händen zu halten. Daraus folgt, dass wirksam Eigentum an einem Pferd übertragen werden kann, ohne dass dem neuen Eigentümer die Eigentumsurkunde übergeben wird.

Da die Eigentumsurkunde also für die Eigentumsverhältnisse an einem Pferd ohne rechtliche Relevanz ist, dürfte es auch keine besonders gute Idee sein, als Käufer zu versuchen, über §§ 433, 435, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 BGB von einem Kaufvertrag über ein Pferd mit der Begründung zurückzutreten, der Verkäufer habe dem Käufer die Eigentumsurkunde nicht herausgegeben. Denn wenn der Verkäufer dem Käufer die Eigentumsurkunde nicht herausgibt, dann begründet das keinen Sachmangel des Pferdes. Auch ein Rechtsmangel liegt nicht vor. Denn der Verkäufer ist ja nur verpflichtet, dem Käufer Besitz und Eigentum an dem Pferd zu verschaffen. Mit der Eigentumsurkunde kann der Verkäufer keine Rechte mehr an dem Pferd geltend machen, denn er ist ja nicht mehr der Eigentümer des Pferdes. Auch für den Fall, in dem sich der Verkäufer verpflichtet haben sollte, dem Käufer die Eigentumsurkunde zu übergeben, dürfte in der Weigerung des Verkäufers kein Rechtsmangel des Pferdes liegen. Vielmehr hat der Käufer gegen den Verkäufer einen Erfüllungsanspruch, gerichtet auf Herausgabe der Urkunde. Soweit sich die Urkunde nicht in den Händen des Verkäufers, sondern in den Händen eines Dritten befindet, kann der Käufer seinen Anspruch dadurch befriedigen, indem er sich den Anspruch des Verkäufers gegen den Dritten abtreten lässt.

Wollte man die Tatsache, dass der Verkäufer dem Käufer die Eigentumsurkunde nicht herausgibt, als Rechtsmangel ansehen, dann wäre m.E. jedenfalls der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen, weil die Pflichtverletzung als unerheblich anzusehen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Unerheblich wäre die Pflichtverletzung deshalb, weil der Käufer auch ohne die Eigentumsurkunde Eigentum an dem Pferd erworben hat, und weil dem Käufer ein Weiterverkauf des Pferdes auch ohne die Eigentumsurkunde möglich ist.

Geht eine Eigentumsurkunde verloren, kann gegen eine Gebühr von z.Zt. 200,00 EUR eine Zeitschrift ausgestellt werden.
ws

 

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Die Höfeordnung, die Wirtschaftsfähigkeit und der verwaiste Hof

91007 Linus fliege orange_1Die Höfeordnung, die nur in bestimmten Teilen der Bundesrepublik gilt, enthält Sonderregeln zur Vererbung von Höfen. Hof im Sinne dieses Gesetzes ist eine im Gebiet der Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein belegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört, und die einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000,00 € aufweist. der Zweck der Höfeordnung besteht darin, einer Zersplitterung des Hofes entgegenzuwirken, indem der Hof nicht auf eine Mehrheit von Erben, sondern immer nur auf eine Person, den Hoferben oder die Hoferbin, übergehen darf. für den Hoferben hat die Höfeordnung den Vorteil, dass die weichenden Erben nicht etwa nach dem Wert des Hofes, sondern zu einem deutlich geringeren Betrag abgefunden werden müssen. Der Gesetzgeber hat hier ganz klar den Erhalt des Hofes in seiner Gesamtheit den Vorrang gegeben vor einem gerechten Erbrecht.

Das Höferecht hat aber einige Pferdefüße.  Hoferbe kann grundsätzlich nur werden, wer wirtschaftsfähig ist. Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften (§ 6 Abs. 7 HöfeO). Die Wirtschaftsfähigkeit ist immer in jedem Einzelfall zu prüfen. Eine landwirtschaftliche Ausbildung begründet die Vermutung der Wirtschaftsfähigkeit. Voraussetzung für die Wirtschaftsfähigkeit ist eine solche Ausbildung aber nicht. Grundsätzlich gilt: Wer nicht wirtschaftsfähig ist, kann nicht Hoferbe werden. Von diesem Grundsatz gibt es aber zwei wichtige Ausnahmen: die Wirtschaftsunfähigkeit steht der Einsetzung eines Abkömmlings als Hoferbe nicht entgegen, wenn keiner der Abkömmlinge wirtschaftsfähig ist (§ 7 Abs. 1 der HöfeO). Bei der weiteren Ausnahme steht die Wirtschaftsunfähigkeit der Einsetzung eines Hoferben dann nicht entgegen, wenn der Hof anderenfalls „verwaist“, wenn es also gar keinen wirtschaftsfähigen Nachfolger gäbe (§ 10 HöfeO). Dieser zugegebenermaßen seltene Fall tritt ein, wenn kein gesetzlicher Hoferbe im Sinne von § 5 der HöfeO vorhanden ist.
ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Augen auf beim Pferdekauf oder: wer schreibt, der bleibt – Anmerkungen zu der lehrreichen Entscheidung des OLG Koblenz vom 21.05.2015 – 1 U 1382/14 – und zu Röntgenklassen

pferdDas OLG Koblenz hat am 21.05.2015 zwei wichtige Fragen im Pferderecht entschieden: zum einen hat es entschieden, dass ein schriftlicher Kaufvertrag über ein Pferd eine abschließende Regelung darstellt, die etwaige mündliche Vereinbarungen verdrängt. Weiter hat das OLG entschieden, dass die Röntgenklasse IV statt der angeblich vereinbarten Röntgenklasse II kein Sachmangel sei.

Das Urteil ist wichtig und hat in der Praxis erhebliche Auswirkungen. Es soll aber zunächst kritisch gewürdigt werden, denn es ist nach unserer Auffassung in einigen Passagen nicht richtig.

Da ist zunächst die Aussage, der schriftliche Kaufvertrag über das Pferd sei abschließend. Es mag sein, dass im Streitfall dafür einiges sprach. Dennoch bedeutet ein schriftlicher Vertrag nicht, dass alle davon abweichenden mündlichen Vereinbarungen, so sie denn bewiesen werden können, nicht relevant wären. Die Frage, wann ein Sachmangel bei einem Kauf, also auch beim Kauf eines Pferdes, vorliegt,  ist in erster Linie danach zu beantworten, was die Parteien als Beschaffenheit der Kaufsache vereinbart haben. Dabei sind der Phantasie der Parteien keine Grenzen gesetzt. Denn sie allein bestimmen, wie der Kaufgegenstand beschaffen sein soll (§ 434 Abs. 1 BGB). Das ist Ausdruck der Privatautonomie.

Wenn also die Parteien vereinbart haben, dass das verkaufte Pferd in die Röntgenklasse II eingeordnet werden können muss, dann liegt eine Abweichung der Ist – von der Sollbeschaffenheit des Pferdes vor, wenn es nur in die (deutlich schlechtere) Röntgenklasse IV eingeordnet wird. Eine andere Frage ist, ob die Partei, die sich auf diese Vereinbarung beruft, und damit einen Sachmangel geltend macht, dies auch beweisen kann. Das ist mit einem schriftlichen Vertrag einfacher als mit dem Vortrag einer mündlichen Vereinbarung, ändert aber nichts daran, dass auch mündliche Vereinbarungen getroffen werden können.

Das OLG hat die von der klagenden Partei behauptete Abrede aber schon deshalb nicht gelten lassen, weil der schriftliche Kaufvertrag eine abschließende Regelung der Parteien gewesen sei. Ein solches Ergebnis der Auslegung der Abreden der Parteien ist möglich. Es setzt aber eine entsprechende Auslegung der Vereinbarungen der Parteien voraus. Vereinbarungen über die Beschaffenheit einer Kaufsache können in jeder Form getroffen werden, also auch mündlich (BeckOK BGB/Faust BGB § 434 Rn. 40; MüKoBGB/Westermann BGB § 434 Rn. 16). Das gilt auch dann, wenn die Parteien in einem schriftlichen Kaufvertrag vereinbart haben, dass alle Abreden schriftlich getroffen worden sein müssen, und dass Änderungen der Schriftform bedürfen. Denn auch in diesen Fällen ist es Sache der Parteien, diese Abrede durch mündliche Vereinbarung aufzuheben. Das folgt aus § 125 S. 2 BGB. Danach hat ein Verstoß gegen die vereinbarte Schriftform nicht zwingend die Nichtigkeit einer Abrede zur Folge (wie bei der gesetzlich vorgeschriebenen Form), sondern nur „im Zweifel“, also nur dann, wenn nichts anderes unstreitig oder bewiesen ist (MüKoBGB/Einsele BGB § 125 Rn. 70).

Diesen Aspekt hat das OLG in dem Streitfall nicht geprüft, sondern den schriftlichen Kaufvertrag als abschließend angesehen und allein aus diesem Grund die – angeblich – mündlich vereinbarte Röntgenklasse II als Beschaffenheit und damit als Sachmangel nicht mehr geprüft.

Auch die weitere Aussage des OLG, die Einordnung des verkauften Pferdes in die Röntgenklasse IV statt in die – angeblich – vereinbarte Röntgenklasse II ohne weitere Symptome sei kein Sachmangel, ist kritisch zu hinterfragen. Denn wenn die Parteien als Beschaffenheit des Pferdes die Röntgenklasse II vereinbart haben, dann liegt eine Abweichung der Istbeschaffenheit des Pferdes von seiner Sollbeschaffenheit allein deshalb vor, weil die Parteien es so vereinbart haben. In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen des OLG, dass ohne weitere Symptome die Röntgenklasse IV keine (negative) Bedeutung habe, ohne Relevanz. Denn die Parteien entscheiden über die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, nicht das Gericht. Hier hilft auch nicht § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, der den Rücktritt dann ausschließt, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich ist. Denn wenn die Parteien eine bestimmte Röntgenklasse als Beschaffenheit vereinbart haben, und wenn diese nicht vorliegt, dann kann die Abweichung nicht unwesentlich sein.

Was bedeutet dieses Urteil für die Praxis? Das Urteil hat für die Praxis des Pferdekaufs mehrere Konsequenzen. Die wichtigsten:

  1. Die Parteien sollten alle Abreden, insbesondere die Beschaffenheit des Pferdes, schriftlich festhalten.
  2. Die Parteien sollten klar zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag abschließend ist, insbesondere dass alle mündlichen Abreden durch den Vertrag überholt sind, und dass allein das schriftlich Vereinbarte gilt.
  3. Keineswegs sollte man ein Pferd vorschnell kaufen: „der Wahn war kurz, die Reue lang“.
  4. Besonderes Augenmerk sollte dem schriftlichen Kaufvertrag gelten. Hier bedarf es kompetenter Beratung, um nicht mit bester Absicht in ein oder mehrere Fettnäpfchen zu treten. Gerne werden Musterkaufverträge aus Pferdezeitschriften genommen und dann in Teilen durch Individualabreden modifiziert. Nicht selten kommt dabei „Murks“ heraus.
  5. Käufern ist zu empfehlen, den Kaufvertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung einer erfolgreichen Ankaufsuntersuchung („AKU“) zu schließen und dabei das Adjektiv „erfolgreich“ genau zu definieren. Fällt das Pferd durch die AKU, gibt es mangels Vertrag kein Problem mit der Rückgabe des Pferdes.

Im Ergebnis kann man auch bei diesem Urteil feststellen, dass die Schuldrechtsreform bei Pferdekaufverträgen zu großen Problemen geführt hat, die von den Gerichten nicht immer zufriedenstellend gelöst werden. Käufern kann man daher auch heute trotz des besseren Rechtsschutzes durch das BGB nur das raten, was man ihnen vor dem 01.01.2002 auch empfohlen hatte: caveat emptor – Augen auf beim Pferdekauf.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

BGH vom 18.03.2015 – VIII ZR 176/14 – Überraschendes zu den Anforderungen der Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB – hier beim Pferdekauf

91010_WS schwarz weißIn seinem Urteil vom 18.03.2015 präzisiert der BGH gegen die Vorinstanzen die Anforderungen an eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB. Dies fordert zu einer kritischen Betrachtung heraus.

Worum ging es? Die Klägerin erwarb von der Beklagten am 3. Mai 2011 für 15.000 € einen Fuchswallach. Mit Anwaltsschreiben vom 2. August 2012 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag unter Berufung darauf, dass das Pferd an einer unheilbaren „Kissing Spines„-Erkrankung leide, die bereits bei Übergabe vorhanden gewesen sei.

Die Klägerin begehrte Rückzahlung des Kaufpreises, Erstattung von bezifferten Aufwendungen sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr alle weiteren mängelbedingten Aufwendungen zu erstatten. Ferner verlangt sie die Feststellung des Annahmeverzuges sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Es fehle für den Rücktritt an der nach § 323 Abs. 1 BGB notwendigen Fristsetzung. Der BGH sieht das anders. Nach Auffassung des BGH genügt ein Verlangen zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1, § 281 Ab. 1 . 1BGB vor einem Rücktritt vom Kaufvertrag den zu stellenden inhaltlichen Anforderungen, wenn darin lediglich die Aufforderung enthalten ist, das Pferd auszutauschen, mit der Ankündigung, anderenfalls rechtliche Schritte zu ergreifen. Einer ausdrückliche Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf es nach Auffassung des BGH nicht. Es soll nach dem BGH ausreichen, wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht.

Das Urteil mag in dem vom BGH entschiedenen Fall richtig sein. Denn nach 5 Abs. 5 des Kaufvertrages hatten die Parteien, wie aus dem Urteil am Ende zu lesen ist, ausdrücklich eine Nachbesserung durch Lieferung eines vergleichbaren Pferdes vereinbart. In einer solchen Konstellation ist eine Nacherfüllung möglich. In anderen Fällen, in denen die Parteien dazu nichts vereinbart haben, wäre die Entscheidung des BGH falsch gewesen. Denn nach dem mitgeteilten Sachverhalt war das Pferd unheilbar krank. Und bei einer unheilbaren Krankheit ist eine Nacherfüllung im Sinne der Beseitigung des Mangels ausgeschlossen. Denn ein unheilbar krankes Pferd kann niemand heilen, der Sachmangel ist also nicht behebbar.

Der Verkäufer kann den Käufer in einem solchen Fall – jedenfalls ohne ausdrückliche Vereinbarung – auch nicht auf die Möglichkeit der Lieferung eines vergleichbaren Pferdes als Nacherfüllung verweisen. Denn nicht dem Verkäufer, sondern dem Käufer steht das Recht zu, die Art der Nacherfüllung zu wählen: entweder Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1 BGB). Möchte der Käufer aber keine (andere) Sache als Nacherfüllung, bleibt nur die die Beseitigung des Mangels. Die aber ist bei einer unheilbaren Krankheit ausgeschlossen, weil objektiv unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB).

Wenn aber dem Verkäufer die Leistung unmöglich ist, wäre er selbst bei einer – ersichtlich sinnlosen – Aufforderung durch den Käufer dazu nicht verpflichtet, denn er ist davon nach § 275 Abs. 1 BGB befreit. Entsprechend dazu bedarf es in einer solchen Konstellation auch nicht der Aufforderung an den Verkäufer, den Mangel zu beseitigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Eine solche Aufforderung wäre offenbar sinnlos.

In allen anderen Fällen dagegen ist dem Käufer eine Aufforderung zur Nacherfüllung dringend zu empfehlen.

Aber auch der Auffassung des BGH, einer ausdrücklichen Fristsetzung habe es im Streitfall nicht bedurft, vermag ich mich nicht anzuschließen. Denn der Schuldner der Nacherfüllung muss wissen, woran er ist. Das aber ist nur der Fall, wenn der Gläubiger ihm sagt, bis zu welchem Zeitpunkt er eine Nacherfüllung akzeptiert. Das ist der Sinn der Fristsetzung. Ohne Kenntnis dieses Zeitpunktes ist der Schuldner schutzlos. Das zeigt sich gerade in dem vom BGH entschiedenen Fall. Zwar kann der Schuldner das unheilbare Pferd selbst bei großzügigster Frist nicht heilen. Er hätte aber, was die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dem Käufer ein vergleichbares Pferd liefern können. Dazu hätte der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist setzen müssen. Erst nach Ablauf dieser Frist hätte er von dem Vertrag zurücktreten können. Es bleibt abzuwarten, ob die Auffassung des BGH Bestand haben wird.

ws

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

OLG Hamm (13.01.2015 – 26 U 95/14) verurteilt Tierarzt wegen ungenügender Aufklärungs- und Beratungspflicht vor Operation eines Pferdes zu hohem Schadensersatz

copyright by Slawik.comDas OLG Hamm hat am 13.01.2015 erneut bestätigt, dass Tierärzte weitreichende Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen. Im Streitfall hatte ging es um ein Dressurpferd, dass die Kläger im Jahr 2006 für 300.000,00 € gekauft hatten. Im Jahr 2008 fiel das Pferd bei einem Turnier durch fehlenden Schwung und Elastizität auf. Die Kläger wandten sich an einen Tierarzt. Dieser röntgte das Pferd und stellte die Verdachtsdiagnose der Ataxie. Er empfahl eine chiropraktische Maßnahme. Für diese Behandlung musste das Pferd in der Praxis in Kurznarkose gelegt werden. Die Kläger stimmten der Maßnahme per Telefon zu. Nach dem Eingriff konnte das Pferd nicht mehr aufstehen,  es starb einen Tag später. Die Kläger verlangten von dem Tierarzt Schadensersatz für den Verlust des Tieres in Höhe von 500.000,00 €. Sie trugen vor, der Tierarzt habe das Pferd nur unzureichend untersucht, und er  habe es falsch behandelt. Außerdem habe der Tierarzt sie nur unzureichend über die Risiken der von dem Tierarzt empfohlenen Behandlung und Behandlungsalternativen aufgeklärt. Hätte der Tierarzt Sie zutreffend über die Risiken aufgeklärt, hätten sie in den Eingriff nicht eingewilligt.

Das OLG Hamm kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der beklagte Tierarzt den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das Gericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass der Tierarzt seine Pflicht, die Kläger vor dem Eingriff hinreichend aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.  Auch ein Tierarzt habe eine Aufklärung – und Beratungspflicht, selbst wenn diese nicht mit der in der Humanmedizin zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Patienten gebotenen Aufklärung zu vergleichen sei. Gerade bei besonders risikoreichen Behandlungen und erkennbar erheblichen finanziellen Eigentümerinteressen müsse der Tierarzt den Eigentümer über die Risiken der Behandlung und über andere in Betracht kommende Behandlungsmöglichkeiten aufklären. Im Streitfall hätte der Tierarzt nach Auffassung des Gerichts die Kläger durch die umfassende Aufklärung in die Lage versetzen müssen, eine Entscheidung über die Art der Behandlung des Pferdes treffen zu können. Durch die Aufklärung hätten die Kläger in die Lage versetzt werden müssen, eine Entscheidung zwischen dem vom Tierarzt vorgeschlagenen schnelleren, dafür aber deutlich riskanteren chiropraktischen Eingriff oder einer länger dauernden, dafür aber risikoärmeren Behandlung, z.B. mittels Medikamenten, treffen zu können. Das Gericht ging außerdem davon aus, dass die Kläger bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht in die von dem Tierarzt vorgeschlagene risikoreichere Behandlung eingewilligt hätten.

ws

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VonDepesche

Die Entscheidung des VGH Hessen zur Pferdesteuer vom 08.12.2014 (5 C 2008/13 N) in der Kritik

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hält die Pferdesteuer für rechtmäßig. Nach der Satzung der hier in Rede stehenden Gemeinde Bad Sooden -Allendorf vom 14.12.2012 ist „Gegenstand der Pferdesteuer ……der Aufwand für das Halten und Benutzen von Pferden zur Freizeitgestaltung im Stadtgebiet.“ (§ 2 Abs.  1 der Satzung). Die Steuer beträgt je Pferd 200,00 EUR (§ 5). Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass dies pro Jahr einen Betrag von 2.400,00 EUR, in 10 Jahren einen Betrag von 24.000,00 EUR ergibt.

Stellt man jetzt in Rechnung, dass es eine Vielzahl von Reitern gibt, die sich ein Pferd für 2 bis 3 TEUR gekauft haben, und die für den monatlichen Unterhalt an allen Ecken und Enden sparen, dann ist klar, dass das Hobby für diese Reiter durch die Pferdesteuer jetzt unbezahlbar wird.

Die Satzung enthält nur eine Steuerbefreiung: Von der Steuer ausgenommen sind Pferde, die nachweislich zum Haupterwerb im Rahmen der Berufsausübung eingesetzt werden (§ 6 der Satzung). Wann aber soll das denn der Fall sein? und was heißt denn „eingesetzt“ werden? all das sind Fragen, die zeigen, dass hier eine Satzung erlassen worden ist, um eine neue Geldquelle zu erschließen. in Deutschland sind Steuern für die meisten Menschen immer nur dann gut, wenn nur andere sie zahlen müssen. Dass man mit dieser Satzung aber nur die „Besserverdienenden“ trifft, ist sicher ein Irrglaube.

Schade, aber wahr: ein weiteres Beispiel, wie die Kommunen uns Bürger für Misswirtschaft bestrafen. Diese Steuer kann nicht darauf hoffen, auf eine auch nur geringe Akzeptanz zu stoßen.Wie wäre es jetzt mit einer örtlichen KFZ  -Steuer, oder einer Lederjackensteuer?

ws

 

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Jäger aufgepasst: nach BVerwG ist der Jagdschein selbst bei wenig Zielwasser weg


Der Kläger ist Jäger. Er fuhr mit seinem Auto von seinem Haus zu einem nahegelegenen Wald zur Jagd. Er hatte zuvor zwei Gläser Rotwein und ein Glas Wodka getrunken. Von einem Hochsitz aus erlegte er einen Rehbock mit einem Schuss. Auf der Rückfahrt wurde er von der Polizei angehalten. Er machte einen freiwilligen Alkoholtest vor Ort, der einen Wert von 0,47 Promille ergab. Ein späterer Alkoholtest auf der Wache ergab einen Wert von 0,39 Promille. Das zuständige Polizeipräsidium widerrief die waffenrechtlichen Erlaubnisse: Der Jäger sei im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig, weil er eine Waffe im alkoholisierten Zustand zu Jagdzwecken verwendet habe.

Der Jäger klagte, das Bundesverwaltungsgericht entschied gegen Ihn (Az.: 6 C 30.13).

Nach dem Waffengesetz besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit zur Führung von Waffen nicht, wenn  Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen. Vorsichtig und sachgemäß geht mit Schusswaffen nach Auffassung des BVerwG nur um, wer sie ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu haben. Bei der vom Kläger konsumierten Alkoholmenge seien solche Ausfallerscheinungen jedenfalls nicht sicher ausgeschlossen. Alkohol könne auch in dieser Menge bereits dazu geeignet sein, die Reaktionsgeschwindigkeit und die Wahrnehmungsfähigkeit herabzusetzen und zu enthemmen. Ob und in welchem Umfang bei dem Jäger alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, sei unerheblich. Unvorsichtig und unsachgemäß ist der Gebrauch von Schusswaffen bereits dann, wenn ein Waffenbesitzer hierbei das Risiko solcher Ausfallerscheinungen eingegangen ist, so das BVerwG weiter.

Dass der Jäger sich trotz dieser Risiken des Alkoholkonsums vom Schusswaffengebrauch nicht hat abhalten lassen, rechtfertige die Annahme, dass er auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird.

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 22.10.2014 (Az: 6 C 30.13)/ng

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrages in Rekordzeit!

Das sieht nach Rekord  aus: für einen Mandanten, der ein Pferd gkauft hatte, konnten wir den Kaufvertrag binnen 3 Tagen rückabwickeln. Unser – freundlich gefasstes-  Schreiben vom 20. Mai  2014 führte sehr schnell dazu, dass sich der Verkäufer – ein erfahrener Händler – bei uns meldete und die Rückabwickung anbot. Das Pferd wird kurzfristig abgeholt werden. Der Mandant war vorher mit seinem Versuch einer „Rückgabe“ des Pferdes gescheitert.
ws
VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Ohne den BFH wüssten wir es nicht – die „Klauenpflege“ dient nicht unmittelbar der Tierzucht, daher unterliegt sie dem vollen Umsatzsteuersatz

 

Ein selbstständiger Klauenpfleger verdient seinen Lebensunterhalt mir der Pflege von Klauen von Rindern. Seine Umsätze versteuerte er nach dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt (FA) und das Finanzgericht (FG) waren anderer Meinung und gingen vom Regelsteuersatz aus. Die Klauenpflege sei keine Leistung, die „unmittelbar“ der Förderung der Tierzucht diene, was das Gesetzt aber fordert.

Der Bundesfinanzhof (BFH) schloss sich mit dem Urteil vom 16. Januar 2014 (Urteil v. 16.1.2014, V R 26/13) dieser Meinung an und wies die Revision des Klauenpflegers zurück. Der Förderungszweck stehe bei der Tätigkeit des Klauenpflegers nicht im Vordergrund. Es handele sich laut BFH weder um eine Leistung, die zur Anwendung des § 12 II Nr. 4 UStG führen würde, noch sei die Anwendung des § 12 II Nr. 3 UStG möglich, da hier nur „die Aufzucht und das Halten von Vieh … und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere“ begünstigt besteuert werden. Die Klauenpflege stelle lediglich eine allgemeine Gesundheitsmaßnahme dar, welche, wie beispielsweise die richtige Ernährung der Tiere, lediglich der Nutztierhaltung diene.

Hier greift auch nicht der Vorrang des Unionsrechts. Die nationalen Gesetzgeber können, sind aber nicht dazu verpflichtet, weitergehend als nach § 12 II Nr. 4 UStG einen ermäßigten Steuersatz für Dienstleistungen im Landwirtschaftlichen Bereich anzuordnen. Hier würde die Klauenpflege dazuzählen. Das aber hat der Gesetzgeber nicht getan.

Vergleichbare Tätigkeiten an anderen Tieren könnten somit durchaus unterschiedlicher Besteuerung unterliegen. Dem Klauenpfleger aber bleibt nichts anderes übrig, als den vollen Steuersatz zu zahlen.

ws/jb

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Mit Pferden mehr Steuern zahlen oder doch lieber mehr Steuern sparen? Der BFH macht’s möglich

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Ankaufsuntersuchung bei Kauf eines Pferdes

Frage: wie macht man ein kleines Vermögen? Antwort: mit Pferden, wenn man vorher ein großes hatte. Die Praxis zeigt, es gibt nur wenige, die mit Pferden Geld verdienen. Bei den meisten ist es so, dass die Euphorie zwar groß, die Enttäuschung aber umso größer ist. Es ist eben doch wahr: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Welch glückliches Geschick, dass der Bundesfinanzhof (BFH) Pferdeliebhabern ausweislich einer aktuellen Entscheidung offenbar doch noch freundlich gesinnt ist.

Der Kläger erwarb im vorliegenden Streitfall ein Springpferd, welches er als Unternehmer für sein Gestüt verwendete. Die anfallende Umsatzsteuer wurde durch den Verkäufer nach dem Regelsteuersatz berechnet. Da nach nationalem Recht die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz unterliege, sei es nach Auffassung des Finanzamtes nur möglich, den gesetzlich geschuldeten Steuersatz, nicht aber den ausgewiesenen höheren Steuersatz als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet zu verlangen.

Die Möglichkeit der Berufung auf Unionsrecht sahen sowohl das Finanzamt wie auch das Finanzgericht nicht, da das Unionsrecht für die Lieferung von Pferden einen höheren Steuersatz vorsieht; daher ist es nicht günstiger.

Dagegen hält der BFH. Er hat dem Kläger das Recht zugesprochen, sich im Rahmen des Vorsteuerabzugs auch dann auf das Unionsrecht zu berufen, wenn die für einen Umsatz geschuldete Steuer höher ist als nach nationalem Recht. Begründet wird die Entscheidung mit der Abgrenzung zu Spring- und Schlachtpferden. Nach deutschem Recht gilt der ermäßigte Steuersatz nur für die Einfuhr von zum Verzehr bestimmten Schlachtpferden. Springpferde seien daher, weil zum Springen und nicht zum Schlachten bestimmt, von der Regelung ausgenommen. Auch der Anwendungsvorrang gibt dem Unternehmer Recht. Demnach ist Unionsrecht anzuwenden, wenn es für den Unternehmer vorteilhafter ist. Im vorliegenden Fall ist es für den Gestüts-Besitzer vorteilhafter, den höheren Regelsteuersatz in Anspruch zu nehmen und diesen als Vorsteuerabzug geltend zu machen. Es spielt dabei keine Rolle, ob für den Verkäufer nationales Recht oder Unionsrecht vorteilhafter wäre. Der Kläger durfte somit das Unionsrecht in Anspruch nehmen und die Vorsteuern für das Springpferd in vollem Umfang erstattet verlangen.

JB