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VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Unser Videokonferenzsystem aus dem Jahr 2019 ist im Jahr 2023 angekommen – ein Beitrag zur Verbreitung der Videokonferenz

Für unsere Kanzlei und das Notariat hatten wir vor Corona für 15.000,00 EUR ein Videokonferenzsystem angeschafft. Ziel war  es, damit nicht nur die (damals bald kommende) Gründung von GmbHs per Videokonferenz für unsere Mandanten erledigen zu können, sondern auch, im anwaltlichen Bereich Fahrt- und Reisezeiten im Zusammenhang mit Rechtsstreiten vor den Gerichten zu reduzieren, letztlich auch im Interesse der Umwelt. Unsere hohen Erwartungen sind leider nicht erfüllt worden. Es hat bis heute, Februar 2023, gedauert, bis überhaupt ein paar wenige Gerichte sich mit dem Thema Videokonferenz befasst haben. Von einem weit verbreiteten oder flächendeckenden Einsatz dieser Technik kann keine Rede sein. Tatsache ist, dass es nur sehr wenige Gerichte gibt, die überhaupt über die Technik verfügen. Und diese Gerichte, wie bei dem Landgericht Weiden in der Oberpfalz (rd. 500 km von unserem Kanzleisitz entfernt) zu erfahren war, zu erfahren war, lehnen den Einsatz dieser Technik geradezu hartnäckig ab. Ob das mit der generellen Abneigung in Bayern gegenüber Preußen zu tun hat, möchten wir nicht behaupten. Aber eine Tatsache bleibt eine Tatsache.

Mittlerweile haben wir unser für teures Geld angeschafftes Videokonferenzsystem, zumindest bildlich gesprochen, auf den Schrott geworfen. Denn der Standard, der bis zum Beginn von Corona der auch von dem Finanzgericht Münster verwendete Standard war, ist heute nicht mehr der Standard. Nach unseren Erfahrungen sind die Videokonferenzsysteme bei den Gerichten anscheinend zur Spielwiese technikbegeisterter Angehöriger der Gerichtsbarkeit geworden. Anders ist es fast nicht zu erklären, dass auch in Nordrhein-Westfalen Landgerichte in unterschiedlichen Städten verschiedene Systeme einsetzen. Eins aber haben alle Systeme gemeinsam: Mit der von uns vor Corona für teures Geld angeschafften Videokonferenzanlage möchte keines dieser Systeme kommunizieren. Jetzt geht das, was vor Corona als Unmöglichkeit galt: Eine Videokonferenz über das Internet zu führen. Das andere mithören oder sogar die mündliche Verhandlung verbotenerweise mitverfolgen oder in das Internet stellen können, interessiert niemanden. Es geht aber doch. Nur die Rechtsanwälte müssen sich mit dem völlig schwerfälligen “beA” herumplagen. Das fängt damit an, dass der Rechtsanwalt beim Login über das Internet in das beA die PIN zweimal eingeben muss. Ich habe mir einmal die Freude gemacht und bei dem Support nachgefragt, warum man das nicht ändern kann. Ich erhielt eine über mehrere Seiten gegebene Erklärung. Eine einleuchtende oder nachvollziehbare Antwort auf die Frage, warum man bei die doppelte Eingabe nicht entfallen lassen konnte, habe ich aber nicht erhalten.

Auch das ist ein weiterer verstörender Befund: In Deutschland wächst nicht die Wirtschaft, es wächst die Bürokratie. Am Ende verwalten wir uns noch selbst. Arbeiten möchte ohnehin schon niemand mehr. Die Zukunft wird spannend.