Die Höfeordnung, die Wirtschaftsfähigkeit und der verwaiste Hof

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Die Höfeordnung, die Wirtschaftsfähigkeit und der verwaiste Hof

91007 Linus fliege orange_1Die Höfeordnung, die nur in bestimmten Teilen der Bundesrepublik gilt, enthält Sonderregeln zur Vererbung von Höfen. Hof im Sinne dieses Gesetzes ist eine im Gebiet der Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein belegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört, und die einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000,00 € aufweist. der Zweck der Höfeordnung besteht darin, einer Zersplitterung des Hofes entgegenzuwirken, indem der Hof nicht auf eine Mehrheit von Erben, sondern immer nur auf eine Person, den Hoferben oder die Hoferbin, übergehen darf. für den Hoferben hat die Höfeordnung den Vorteil, dass die weichenden Erben nicht etwa nach dem Wert des Hofes, sondern zu einem deutlich geringeren Betrag abgefunden werden müssen. Der Gesetzgeber hat hier ganz klar den Erhalt des Hofes in seiner Gesamtheit den Vorrang gegeben vor einem gerechten Erbrecht.

Das Höferecht hat aber einige Pferdefüße.  Hoferbe kann grundsätzlich nur werden, wer wirtschaftsfähig ist. Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften (§ 6 Abs. 7 HöfeO). Die Wirtschaftsfähigkeit ist immer in jedem Einzelfall zu prüfen. Eine landwirtschaftliche Ausbildung begründet die Vermutung der Wirtschaftsfähigkeit. Voraussetzung für die Wirtschaftsfähigkeit ist eine solche Ausbildung aber nicht. Grundsätzlich gilt: Wer nicht wirtschaftsfähig ist, kann nicht Hoferbe werden. Von diesem Grundsatz gibt es aber zwei wichtige Ausnahmen: die Wirtschaftsunfähigkeit steht der Einsetzung eines Abkömmlings als Hoferbe nicht entgegen, wenn keiner der Abkömmlinge wirtschaftsfähig ist (§ 7 Abs. 1 der HöfeO). Bei der weiteren Ausnahme steht die Wirtschaftsunfähigkeit der Einsetzung eines Hoferben dann nicht entgegen, wenn der Hof anderenfalls „verwaist“, wenn es also gar keinen wirtschaftsfähigen Nachfolger gäbe (§ 10 HöfeO). Dieser zugegebenermaßen seltene Fall tritt ein, wenn kein gesetzlicher Hoferbe im Sinne von § 5 der HöfeO vorhanden ist.
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Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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