Erlass von Säumniszuschlägen zu 100% möglich (BFH-Urteil vom 24.04.2014, V R 52/13)

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Erlass von Säumniszuschlägen zu 100% möglich (BFH-Urteil vom 24.04.2014, V R 52/13)

Gute Nachricht für alle Steuerpflichtigen, denen die Finanzverwaltung im streitigen Verfahren die Aussetzung der Vollziehung (AdV) zu Unrecht versagt hat, und die von der Finanzverwaltung zu allem Überfluss noch mit Säumniszuschlägen in Höhe von einem Prozent je angefangenen (!) Monat überzogen worden sind.

Am 24. April 2014 hat der BFH jetzt entschieden, dass zwar bei rechtswidriger Steuerfestsetzung die gesetzgeberische Wertung des § 237 AO zu beachten, wonach der Steuerpflichtige bei Gewährung der AdV grundsätzlich Aussetzungszinsen zu zahlen hat, dies aber dann nicht gilt, wenn der Steuerpflichtige mit seinem Rechtsbehelf Erfolg gehabt hat (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO).

Der BFH wörtlich: „Erweist sich eine im Eilverfahren gewährte AdV somit im Ergebnis als berechtigte Abwehr gegen eine rechtswidrige Steuerforderung, hat der Steuerpflichtige keinerlei Aussetzungszinsen –auch nicht zur Hälfte– zu tragen. Wird dem Steuerpflichtigen die gebotene AdV zu Unrecht versagt, ist er im Billigkeitsverfahren so zu stellen, als hätte er den gebotenen einstweiligen Rechtsschutz erlangt, sodass er nach § 237 AO keinerlei Säumniszuschläge zu zahlen hat (so auch BFH-Beschluss vom 2. Februar 2011 V B 141/09, BFH/NV 2011, 961, unter 3.b; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 240 AO Rz 57; Heuermann in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 240 AO Rz 114).“

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige alles getan, um Aussetzung der Vollziehung zu erlangen. Das hatte ihm die Finanzverwaltung aber rechtswidrig verwehrt.

Die Finanzverwaltung versucht nach unseren Erfahrungen nicht selten, in Fällen der vorliegenden Art die Säumniszuschläge nur zur Hälfte zu erlassen. Verständlicherweise haben Steuerpflichtige nur eine geringe Neigung, gegen Entscheidungen dieser Art gerichtlich vorzugehen. Denn die Entscheidung über einen Erlassantrag ist eine Ermessensentscheidung, die nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Dennoch macht die Entscheidung des BFH Hoffnung.
ws

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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