Geradezu bizarr ist – aber nur auf den ersten Blick – der Sachverhalt, über den das LG Dusiburg mit Urteil vom 12.10.2012 (7 S 51/12, BRAK Mitt. 2013, 30 f.) zu entscheiden hatte. Ein nähere Befassung zeigt gleich mehrere Abgründe auf beiden Seiten. Was war geschehen? Eine Mandantin war abgemahnt, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 750 EUR Schadensersatz aufgefordert worden. Die Mandantin beauftragte eine Kanzlei mit der Vertretung ihrer Interessen. Die Kanzlei schloß mit ihr eine Vergütungsvereinbarung mit einem „Kostenrahmen“ zwischen 226 und max. ca. 2.600 EUR. Zahlen sollte die Mandantin nach Abschluss der Sache 2.562,90 EUR. Zahlen wollte die Mandantin aber nur 190 + USt als Erstberatungsgebühr (§ 34 Abs. 1 S. 3 RVG). AG und LG gaben der Mandantin recht.
Auf den ersten Blick einleuchtend. Denn bei einem Interesse von 750 EUR ein Honorar von rd. 2.600 EUR zu fordern, ist – rückblickend betrachtet – wirtschaftlich evident unsinnig. Andererseits führt das LG Dusiburg in seinem Urteil – dankenwerterweise – selbst aus, dass Anwälte im Regelfall nicht verpflichtet sind, ungefragt im Voraus über die Höhe des Honorasrs aufzuklären. Im Stretifall sah das LG die Kanzlei dazu wegen des krassen Missverhältnisses wegen Honorar und Interesse der Mandantin aber als verpflichtet an. Und hier reibt sich der kundige Thebaner ein wenig die Augen und sagt: Moment mal, hatte die Mandantin nicht schon zu Beginn des Mandates erfahren, dass der Kostenrahmen zwischen 226 und max. 2.600 EUR liegt? dann aber war ihr doch das Missverhältnis bekannt. Denn schon ein mit 750 EUR weit unter dem max. Betrag liegendes Honorar stünde ja in der Denkwelt des LG in einem krassen Missverhältnis. Die Kanzlei hatte dann also die Mandantin doch aufgeklärt. Und wer aufgeklärt ist, kann sich doch nicht darauf berufen, nicht aufgeklärt worden zu sein.
Die naheliegende Frage, warum die Mandantin denn nicht gefragt hat, was es mit dem Rahmen auf sich hat und auch die eben so naheliegende Frage, warum die Mandantin denn einen solchen – offensichtlichen, sich jedermann sofort erschließenden – Unsinn unterschrieben hat, stellte das LG nicht. Natürlich kann man die einfache Gleichung aufstellen, jeder dümmer Menschen sind, umso mehr müssen sie über die Konsequenzen ihres Handelns aufgeklärt werden. Wie weit aber geht das oder besser gefragt, was soll man denn in den Fällen wie dem hier vorliegenden machen, wenn die ganze Aufklärung nichts hilft? Gilt dann die Formel: je dümmer, desto schutzwürdiger? das entspräche jedenfalls dem weit verbreiteten Irrtum, dass in unserem Staat für jeden gesorgt wird, und dass man selbst nichts dafür machen muss. Es gibt ja genug böse Reiche, die soviel Geld haben, dass sie gefälligst alle anderen mit durchfüttern.
Der GRund für das Urteil des LG kann aber auch banal sein. was nicht sein kann, das nicht sein darf. Wir hören nicht häufig von Kollegen, dass Richter nicht selten Honorare (zudem mit USt) mit Bruttogehältern vergleichen. Dass dies von wenig Weitblick zeugt, ist nicht erläuterungsbedürftig. Auch Sprüche von Richtern wie: „wir schreiben die Urteile, ihr Anwälte die Rechnungen“, zeugt von einem sehr unverhohlenen Neid. Wobei es jedem Richter freistand oder besser gesagt, jederzeit freisteht, den Beruf des Richters an den Nagel zu hängen und Anwalt zu werden.
Von wenig Weitblick zeugt aber auch das Verhalten der Kanzlei. Wie kann ich als Dienstleister, der von zufriedenen Kunden und deren Empfehlungen lebt, auf die Idee kommen, ein solches Honorar zu verlangen? wer ein solches Mandat annimmt, das in dem Urteil des LG beschrieben ist, der kann davon ausgehen, dass nur ein solches Honorar akzeptiert werden wird, das maximal 500 EUR beträgt. Wenn man aber meint, das sei zu wenig, dann ist es besser, die Finger von dem Mandat zu lassen und den Rechtssuchenden an geeignete Kollegen zu verweisen, die bereit sind, dafür (gut) zu arbeiten.
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