Man muss nicht lange im internet suchen, um Dokumentationen zu erhalten, die eindrucksvoll belegen, dass insbesondere staatliche Großprojekte im Regelfall völlig aus dem Ruder laufen und häufig mehr als doppelt so teuer als ursprünglich geplant werden. Dazu reicht schon ein Blick in „Spiegel online“. Der Flughafen Berlin-Brandenburg ist daher beileibe kein Einzelfall, sondern nur das derzeit letzte Projekt, das so negativ in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt ist.
Für einen Juristen sind die die Begriffe „Pflichten, Pflichtverletzungen und Schadensersatz“ sehr eng miteinander verknüpft. Wer Pflichten verletzt, ist regelmäßig und selbstverständlich zum Ersatz des angerichteten Schadens verpflichtet. In der freien Wirtschaft und bei Dienstleistern hätten derart aus dem Ruder gelaufene Projekte schon bei wesentlich kleineren Beträgen zu ganz massiven Konsequenzen geführt. Die Steuerzahler und die Bürger unseres Landes können daher nur mit größtem Erstaunen verfolgen, wie unbeschwert die Verantwortlichen weiterhin öffentlich auftreten und jede Schuld von sich weisen.
Aus all diesen Vorfällen kann man nur den Schluss ziehen, dass Politiker nicht in der Lage sind, wie Unternehmer zu handeln und zu denken. Das ist ja eigentlich auch nicht ihre Aufgabe. Umso erstaunlicher ist es, dass Politiker meinen, sie könnten auch wie (oder sogar noch besser als) Unternehmer handeln und so erfolgreich (oder noch erfolgreicher) sein. Der Pferdefuß dabei: Politiker müssen offensichtlich höchst selten persönlich für das einstehen, was sie an Unsinn veranstaltet haben. Vergleicht man einmal, wie die verantwortlichen Politiker im Zusammenhang mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg in die Kritik geraten sind, mit der Kritik, die der frühere Bundespräsident Wulf über sich ergehen lassen musste, dann stellt man eine erstaunliche Diskrepanz fest. Die im Verhältnis zu den Verfehlungen in Berlin geradezu lächerlichen Dinge, die man Herrn Wulf vorwirft, stehen in gar keinem Verhältnis zu dem Medienecho, das die „geile“ Presse daraus veranstaltet, mag man über Herrn Wulf denken, was man will. Die eklatanten Pannen und Dummheiten im Zusammenhang mit dem Flughafen dagegen nehmen die meisten nur mit Achselzucken zur Kenntnis („was kann ich da schon tun“), um sich Sekunden später darüber diebisch zu freuen, dass Herr Wulf nicht nur tief gefallen, sondern dass ihm auch noch die Frau weggelaufen ist. Amt weg, Macht weg, Frau weg. Kann ja sein, aber Schadenfreude und Neid sind, wie wir sehen, urdeutsche Eigenschaften, für die ich mich schäme.
Wenn man bedenkt, dass Großprojekte wie der Flughafen Berlin-Brandenburg oder Stuttgart 21 nur ein kleiner Teil der Projekte sind, die Politiker in Bund, Ländern und Kommunen verantwortlich betreuen, dann kann einem in der Tat schon Angst und Bange werden. Werden bei Unternehmen der Privatwirtschaft schon bei dem geringsten Verdacht von Schmiergeldzahlungen auch kleinerer Höhe sofort Strafverfahren eröffnet, sind Strafverfahren gegen Politiker im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen bei öffentlichen Projekten, bei denen wir über weit größere Schadenssummen sprechen, nach unserer Recherche deutlich seltener. Bedenkt man, dass bei Steuerhinterziehungen ab 100 TEUR regelmäßig eine Freiheitstrafe verhängt werden soll, und würden diese Maßstäbe auch für Politiker gelten, dann müssten einige Damen und Herren für den Rest des Lebens hinter Gittern. Wir meinen, dass die Politik sich aus dem Unternehmertum heraushalten sollte.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Über den Autor