Besitzer von Imbissbuden haben in der Vergangenheit nicht nur Erfahrungen mit Betriebsprüfungen, sondern auch Erfahrungen mit Steuerfahndern sammeln dürfen. Der Grund liegt in der Regelungswut auf steuerrechtlichem Gebiet. Während der Verzehr von Speisen an Ort und Stelle mit 19 % Umsatzsteuer zu versteuern ist, ist der Verkauf der gleichen Ware zum Verzehr außer Haus mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu belegen. Diese den Kunden an der Imbissbude sicher nicht einleuchtende Differenzierung hat in der Praxis aber eine große Relevanz: Denn der Preis für eine Currywurst ist immer gleich, egal ob der Kunde die Wurst an Ort und Stelle oder erst zu Hause verspeist. Die erhebliche Differenz zwischen dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz macht es für die Betreiber der Imbissbuden attraktiv, mehr Currywürste außer Haus zu verkaufen als solche, die an Ort und Stelle verzehrt werden. Entsprechend erbittert wurde und wird in vielen Betriebsprüfungen um dieses Thema gerungen. Häufig erfolgten „Testkäufe“ von Angehörigen der Finanzverwaltung, um Imbissbudenbesitzern Steuerhinterziehung nachweisen zu können.
Rettung in dieser vertrackten Situation versprach eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) aus August 2011. Die Richter am BFH hatten mit den Imbissbudenbesitzern ein Einsehen. Sie entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz nicht nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Speisen tatsächlich vom Kunden nach Hause getragen werden. Der ermäßigte Steuersatz von 7 % kommt nach der höchstrichterlichen Entscheidung auch dann zur Anwendung, wenn „einfach oder ähnlich standardisiert“ zubereitete Speisen nur an „behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen“ wie zum Beispiel „Ablagebrettern“ gegessen werden. Stellte der Imbissbudenbesitzer aber z.B. einen Tisch und „Sitzgelegenheiten“ bereit, war weiterhin der volle Steuersatz von 19 % fällig. Und die Ausnahme von der Ausnahme nach dem BFH: Verzehrvorrichtungen Dritter, wie z.B. Tische und Bänke eines Standnachbarn, seien nicht dem Imbissbudenbesitzer zuzurechnen, auch wenn diese Einrichtungen im Interesse des Imbissbudenbesitzers zur Verfügung gestellt würden. In diesem Fall gilt also als Ausnahme von der Ausnahme auch der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %.
Wer aber gedacht hätte, dass mit der Entscheidung des BFH Ruhe an der Imbissbudenfront eingekehrt wäre, der sah sich getäuscht. Der Streit zwischen Steuerpflichtigem und Fiskus ging jetzt nicht um die Frage des „Verzehrs außer Haus“, sondern um die Frage, was denn „behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen“ sind. Die alten Abgrenzungsfragen waren gelöst, es taten sich dafür aber neue auf. Diese Fragen sind offensichtlich so virulent, dass nach Zeitungsberichten Bund und Länder einheitliche Regelungen erlassen möchten. Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich: Die Abgrenzungen wären nicht erforderlich, gäbe es nur einen einheitlichen Umsatzsteuersatz.
Eins aber ist sicher: Die Currywurst ficht das nicht an.
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