Dewey & LeBoeuf – Glanz und Elend einer Großkanzlei

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Dewey & LeBoeuf – Glanz und Elend einer Großkanzlei

Eine Anwaltskanzlei insolvent, so etwas gab es noch nie. Wörtlich genommen ist das richtig, genau betrachtet dann aber auch wieder nicht. In Deutschland ereilte die renommierte Kanzlei Haarmann Hemmelrath das gleiche Schicksal. Wie aus der Presse bekannt ist, lag es auch hier an den Finanzen, die das Desaster auslösten. Hinzu kam ein Schadensersatzprozess, an dem zwar nichts dran war, der aber für negative Publizität sorgte. Die Kanzlei ging zwar nicht in die Insolvenz, sie wurde aber liquidiert. Die Partner zerstreuten sich in alle Winde. Weil die Kanzlei aber in der Rechtsform der GbR betrieben wurde, war die Insolvenz keine Lösung. Faktisch aber dürfte die Kanzlei auch pleite gewesen sein.

In der FAZ vom 09.06.2012 war jetzt nachzulesen, woran es bei Dewey lag: zuviel Schulden, u.a. gemacht, um erfolgsunabhängige Zahlungen an Partner, die man unbedingt an Bord holen wollte, leisten zu können. Wer jetzt aber meint, das Schicksal von Dewey sei in Deutschland nicht möglich, der irrt. Aus der FAZ vom 09.06.2012 war zu ersehen, dass auch in Deutschland tätige große Kanzleien mit Bankkredit arbeiten, eine namentlich geenannte Kanzlei hat die Einführung der SAP-Software mit Bankkredit gezahlt; Hoppla! Das ist angesichts der Tatsache, dass der größte Kostenblock einer Kanzlei die Pesonalkosten sind, und dass diese durch die Einnahmen zu finanzieren sein müssen (sonst passt etwas nicht), doch erstaunlich. Also doch zuviel Verwaltung oder zuviele Kosten, die nicht den erhofften Zweck erreichen?

Fest steht jedenfalls, dass auch die Großkanzleien nicht auf der Insel der Seligen leben. Die Rechnungen werden zunehmend kritisch beäugt, die Honorare gedrückt wo es geht. Das „Delegieren“ der Arbeiten in die zweite oder dritte Reihe wollen die Mandanten nicht mehr. Die Arbeit des Partners ist gefragt. Der leverage-effekt stellt sich so nicht mehr ein. Nicht nur bei den Kleinen, auch bei den Großen ist der Wettbewerb groß.  

Hinzu kommt, dass es bei den Großen immer wieder spin-offs gibt, die die gleiche Leistung bei viel kleinerem Kostenapparat den Mandanten viel individueller anbieten können. Was soll man auch auf einem Dickschiff, wenn man auf einem Schnellboot besser aufgehoben ist? Und ob man als Anwalt in einer für den Einzelnen intransparenten Großkanzlei, auch wenn sie nach außen hin eine noch so große Strahlkraft zu haben scheint, gut aufgehoben ist, sollte man sich gut überlegen. Ein perfekter Auftritt in dunkelgrauem oder schwarzem Anzug und auf Hochglanz gebürsteten Schuhen steht jedem Anwalt gut, über die Qualität der Arbeit sagt das nicht.  

Am Beispiel Dewey sieht man aber auch, dass das Wort „Partnerschaft“ in den meisten Fällen eine hohle Phrase ist. Eine echte Partnerschaft würde in der Krise zusammenstehen. Was aber passiert: die Kanzlei zerlegt sich selbst, alle verlassen das sinkende Schiff.

Erstaunlich ist dann aber doch, welche Rasanz ein solcher Prozess annimmt, und wie schnell dann das Ende kommt.

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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