Befristung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen / ein Dauerbrenner

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Befristung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen / ein Dauerbrenner

Und wieder einmal gibt es eine Entscheidung zum Dauerbrenner im Arbeitsrecht: Der Befristung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen. Diesmal hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber zu entscheiden, ob und wann die Befristung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs eines arbeitsfähigen Mitarbeiters zulässig ist (BAG- Urteil vom 19.06.2012 – 9 AZR 652/10).

Im Fall des BAG ging es um Folgendes: Der Kläger war beim Beklagten seit Anfang 2008 beschäftigt. Dem Kläger wurde wirksam zum 31.07.2008 gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt standen dem Kläger noch 16 Tage Urlaub zu. Mit Schreiben vom 06.01.2009 verlangte er vom Beklagten die Ausbezahlung des Urlaubs. Der Beklagte meinte, dass der Anspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entfallen sei, weil der Kläger den Anspruch nicht bis zum Ende des Jahres 2008 geltend gemacht habe. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG). Diese Befristung galt nach bisheriger BAG-Rechtsprechung grundsätzlich auch für den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, weil der Abgeltungsanspruch als Ersatz (Surrogat) für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruchs verstanden wurde. Diese Auffassung hat das BAG jetzt aufgegeben.

Seine geänderte Auffassung begründete das BAG damit, dass der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch nicht dem „Fristenregime“ des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG unterfalle und ein arbeitsfähiger Mitarbeiter nicht anders behandelt werden dürfe als ein arbeitsunfähiger Mitarbeiter. Und bei arbeitsunfähigen Mitarbeitern ist durch Entscheidungen des EuGH und des BAG anerkannt, dass die Fristen des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG nicht gelten. Ein gekündigter Mitarbeiter muss deshalb die Abgeltung seines Urlaubs nicht im laufenden Kalenderjahr verlangen, sondern kann diesen auch im nachfolgenden Kalenderjahr noch geltend machen. Für den BAG-Fall bedeutet dies, dass der Gekündigte seinen Urlaubsabgeltungsanspruch für die 16 Tage des Jahres 2008 am 06.01.2006 wirksam geltend gemacht hat.

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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