Früher war es auch bei uns nicht unüblich, die Abgaben nicht in Geld, sondern in Naturalien zu leisten. Waffenschmiede lieferten deshalb einen Teil ihrer Waffen, Schweinezüchter einen Teil ihrer Schweine, und der Müller einen Teil seines Mehls an die Obrigkeit ab. Diese Steuern wurde „Zehnt“ oder auch „der Zehnte“ genannt, da in etwa zehn Prozent der Erträge gezahlt wurden. Der Landesherr sicherte sich damit seine Versorgung und musste nicht erst seine benötigten Waren teuer einkaufen. In der Nähe von Bad Münster ist noch heute ein ehemaliger rheingräflicher Herrenhof zu besichtigen, dessen Scheune, die so genannte Zehntscheune, das damalige „Finanzamt für Naturalien“ beherbergte.
Solche Finanzämter gibt es heute nicht mehr, da in Deutschland Steuern in Geld zu entrichten sind. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 AO sind Steuern Geldleistungen ohne Gegenleistung. Schweine, Waffen oder Mehl kann man zur Begleichung seiner Steuerpflicht also nicht beim Finanzamt vorbeibringen. Dass dies in letzter Zeit jemand versucht hätte, ist uns auch nicht bekannt.
In Mexiko scheint man dagegen das Steuermodell der Zahlung in Naturalien, jedenfalls für Künstler, noch immer zu favorisieren. Denn in Mexiko müssen Künstler keine Steuererklärung abgeben; sie müssen ihre Steuern auch nicht „in Geld“ zahlen. In Mexiko dürfen Künstler ihre Steuern in Naturalien zahlen, also in Kunst. Hierdurch ist der mexikanische Staat Besitzer einer Kunstsammlung von geschätzt 5.500 Stücken geworden. Probleme bei der Ausstattung seiner Museen sollte Mexiko also nicht haben.
Die Idee einer solchen „Künstlersteuer“ finden wir auch gar nicht schlecht. Denn auch deutsche Museen würden sich bestimmt über eine solche Steuer freuen. Wir befürworten eine solche Steuer aber selbst dann, wenn diese Kunstwerke nur in den Finanzämtern aufgehängt würden. Denn dies würde den normalerweise tristen Besuch in einem Finanzamt vielleicht zu einer Attraktion machen.
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Über den Autor