Trendwende beim Ersatz von Anwaltskosten bei Urheberrechtsverstößen

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

Trendwende beim Ersatz von Anwaltskosten bei Urheberrechtsverstößen

Bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverstößen werden die Kosten für den vom Abmahner eingeschalteten Rechtsanwalts von den Gerichten grundsätzlich als erforderlich und damit als ersatzfähig angesehen. Je nach Streitwert kommen dabei schnell vierstellige Beträge zusammen. Nur in Ausnahmefällen sehen Gerichte die Einschaltung eines Anwalts als nicht erforderlich an, z.B. wenn der Abmahnende selbst über hinreichende eigene Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden Verfolgung eines einfach zu erkennenden Verstoßes verfügt. Das soll dann der Fall sein, wenn

standardmäßig immer nur ein und derselbe Verstoß ganz routinemäßig für den einzigen Berechtigten mittels „Textbausteinen“ abgemahnt wird“.

In den bekannten Fällen von Abmahnungen wegen unberechtigtem Download von Musik- oder Filmdateien haben Gerichte die Anwaltskosten bisher immer als notwendig angesehen. Dass diese wirklich immer notwendig sind, daran haben wir erhebliche Zweifel. Denn gerade in diesem Massengeschäft wird mit standardisierten Abmahnschreiben unter Verwendung von „Textbausteinen“ gearbeitet. Unserer Auffassung nach könnten die Berechtigten diese Abmahnungen gerade wegen der der Vielzahl von gleichgelagerten Fällen selbst übernehmen. Dafür brauchen sie keinen Anwalt.

Vielleicht bringt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgericht Braunschweig (OLG-Urteil vom 8. Februar 2012, Az. 2 U 7/11) eine kleine Trendwende in die Rechtsprechung. Denn das OLG versagte dem Abmahner den Ersatz seiner Anwaltskosten mit der Begründung, der Abmahner sei selbst in der Lage gewesen,

„den urheberrechtlichen Verstoß zu erkennen [und] eine vorgerichtliche Abmahnung des Verletzers vorzunehmen,

weil er

“letzteres in zurückliegender Zeit in anderen gleichgelagerten Fällen auch schon getan hat“.

Zwar ging es in dem Verfahren des OLG „nur“ um die unberechtigte Verwendung von 4 Fotos für einen Privatverkauf bei Ebay. Die Begründung des OLG dürfte aber auch auf die Fälle von Abmahnungen wegen unberechtigten Musik- und Filmdownload übertragbar sein. Denn gerade diese sind oft gleichgelagert. Und aufgrund der Vielzahl vorheriger Abmahnungen müssten die Abmahner auch selbst in der Lage sein, den urheberrechtlichen Verstoß zu erkennen und eine vorgerichtliche Abmahnung vorzunehmen. Und warum sollte ein einfacher Fotograf einen Urheberrechtsverstoß leichter erkennen, als die hinter den Massenabmahnungen steckenden Firmen?

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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