Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16. Februar 2012 (Az: C‑360/10) können Betreiber von sozialen Netzwerken, aber auch Betreiber anderer Internetplattformen, aufatmen. Denn nach der Entscheidung des EuGH können sie nicht gezwungen werden, einen Filter gegen Urheberrechtsverstöße zu installieren.
Diese Auffassung vertrat vor dem EuGH die belgische Verwertungsgesellschaft Sabam, die gegen Netlog, einen niederländischen Betreiber eines sozialen Netzwerks, klagte. Das mit dem Verfahren betraute belgische Gericht wollte deshalb vom EuGH geklärt wissen, ob ein national (oder gerichtlich) angeordnetes Filtersystem gegen Unionsrecht verstoßen würde. Der EuGH entschied dazu unter anderem, dass
ein Filter, der die unzulässige Nutzung musikalischer und audiovisueller Werke verhindern soll, gegen das Verbot verstößt, einem Anbieter eine allgemeine Überwachungspflicht aufzuerlegen.
Der EuGH begründete seine Entscheidung damit, dass eine präventive Kontrolle auf eine allgemeine Überwachung aller gespeicherten Informationen hinaus liefe und eine solche Überwachung gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verstoßen würde. Ein solches Filtersystem würde den Betreiber verpflichten,
„eine aktive Überwachung fast aller Daten sämtlicher Nutzer seiner Dienste vorzunehmen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen,“
was nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 aber verboten ist. Zudem würde ein solcher Filter den Betreiber zwingen,
„ein kompliziertes, kostspieliges, auf Dauer angelegtes und allein auf seine Kosten betriebenes Informatiksystem“
einzurichten, was gegen die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/48 verstoßen würde. Nach dieser Richtlinie dürfen die Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein. Außerdem würde eine solche Anordnung zu einer Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit führen.
Das Urteil wird die Betreiber der meisten Internetseiten freuen, bietet es doch mehr Rechtssicherheit. Denn das Urteil macht zum einen noch einmal deutlich, dass Betreiber von Internetplattformen grundsätzlich erst einmal nicht für den vom Nutzer eingestellten Inhalt verantwortlich sind, wenn Sie keine Kenntnis davon haben. Zum anderen, und dies ist der wichtigere Punkt, müssen Betreiber solcher Seiten nicht die vorhanden technischen Möglichkeiten ausnutzen, um Verletzungen des Urheberrechts zu vermeiden. Kostspielige Filtersysteme muss ein Betreiber also nicht einbauen.
Die Befürworter des Acta, also des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (=Internationales Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produktfälschungen und Urheberrechtsverletzungen) , die für mehr Einschränkungen kämpfen, dürfte die Entscheidung des EuGH wahrscheinlich weniger freuen.
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