Der Gesetzgeber ist modern, doch was schert‘s die Justiz. Seit Jahren kann die mündliche Verhandlung per Videokonferenz stattfinden. Eine gute Sache: das spart Zeit und Kosten und schont die Umwelt. Der Haken: kaum ein Gericht verfügt über eine solche Anlage. Und ohne die geht es nun einmal nicht. Vorbildlich sind hier die Finanzgerichte zu nennen. Doch auch dort bestätigen Ausnahmen die Regel. Vor einem Verhandlungstermin am 19. Dezember 2011 im Finanzgericht Dessau haben wir höflich angefragt, ob wir auch per Videokonferenzen verhandeln dürften. Videokonferenz, beschied uns ein wenig verdutzt der freundliche Präsident, nein, so etwas habe man nicht. Also sind wir am 19. Dezember 2011 nach Dessau zum FG gefahren, immerhin 900 km an einem Tag hin und zurück. Als wir dann ein paar Wochen später das Urteil in den Händen hielten, haben wir uns gefragt, warum man uns das sehr lapidare Ergebnis nicht am Telefon hätte sagen können. In dem Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht anscheinend die argumentative Auseinandersetzung gescheut.
Ach, ich vergaß zu erwähnen, dass der als Vorsitzender in der Verhandlung fungierende Präsident des Gerichts stolz berichtete, dass man soviel Arbeit hätte, dass man den Termin am 19. Dezember 2011 so kurz vor Weihnachten noch angesetzt habe; das nenne ich Einsatz und Dienst am Recht; wie toll; dass dem Herrn Präsidenten dabei entgangen war, dass er nur gearbeitet hatte, während ich nicht nur gearbeitet, sondern am Abend 900 km und etliche nicht berechenbare Stunden älter war (was er an unserer Adresse, die wir üblicherweise auf unserem Briefbogen abbilden, einfach hätte erkennen – jedenfalls dank google maps), verwundert schon nicht mehr.
Also dann, wenn’s nicht vorwärts geht, dann eben mit Volldampf zurück in die Steinzeit!!
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Über den Autor