BGH hat am 13. April 2011 erneut zum Erfüllungsort der Nacherfüllung im Kaufrecht für Recht erkannt

VonProf. Dr. Wolfgang Sturm

BGH hat am 13. April 2011 erneut zum Erfüllungsort der Nacherfüllung im Kaufrecht für Recht erkannt

Der Bundesgerichtshof (BGH; Az: VIII ZR 220/10) hatte am 13. April 2011 erneut darüber zu entscheiden, an welchem Ort der Verkäufer einer mangelhaften Sache die zur Mangelbeseitigung geschuldete Nacherfüllung vornehmen muss. Diese Entscheidung bringt weitere Klarheit für die kaufvertraglichen Nacherfüllung.

 In dem vom BGH entschiedenen Verfahren bestellten die in Frankreich wohnenden Kläger in Deutschland (Polch) einen neuen Campinganhänger. In der Auftragsbestätigung hieß es „Lieferung: ab Polch, Selbstabholer“. Die Beklagte lieferte den Anhänger trotzdem an den Wohnort der Kläger. In der Folgezeit rügten die Kläger verschiedene Mängel und forderten die Beklagte erfolgslos unter Fristsetzung auf, den Anhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Darauf erklärten die Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Streitig in diesem Verfahren war, wo die Beklage die Mängelbeseitigung vornehmen musste: am Geschäftssitz der Beklagten oder am Wohnort der Kläger.  

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 13.4.2011 entschieden, dass sich der Nacherfüllungsort, also der Ort, an dem der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, mangels spezieller Regelung im Kaufrecht den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt (§ 269 BGB), wenn, wie hier, vorrangige Parteivereinbarungen nicht getroffen worden sind. Zu diesen Umständen gehören z.B. die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung sowie das Ausmaß der Unannehmlichkeiten, welche die Nacherfüllung für den Käufer mit sich bringe. Letzteres folge aus den Vorgaben der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Danach muss die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Da die Beseitigung der von den Klägern gerügten Mängel den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordere und ein Transport des Anhängers nach Polch oder dessen Organisation für die Kläger zumutbar erscheine, liege der Erfüllungsort der Nachbesserung am Firmensitz der Beklagten. Die Kläger mussten danach den Anhänger zur Durchführung der Nacherfüllung zum Verkäufer bringen. Solange dies nicht passiert, besteht kein Recht der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Kläger müssen sich also aus dem sonnigen Frankreich zur Mängelbehebung mit Ihrem Anhänger nach Polch in Deutschland begeben. Wenigstens brauchen Sie für die Reise keine Hotelkosten zu zahlen, denn sie können im (mangelhaften) Anhänger schlafen.

Über den Autor

Prof. Dr. Wolfgang Sturm administrator

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Agrarrecht, Diplom-Finanzwirt, Inhaber einer Professur für Wirtschafts- und Steuerrecht

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